23.11.2024
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Dokument-Nr. 15162

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Urteil01.01.2013BundesverwaltungsgerichtBVerwG 8 C 1.12
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Trier, Urteil16.11.2010, 1 K 100/10.TR
  • Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil28.04.2011, 2 A 11423/10
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil01.01.2013

Begrenzung der Kreisum­la­ge­er­hebung durch kommunale Selbst­ver­wal­tungs­ga­rantieGemeinden muss bei Kreisumlage finanzielle Minde­st­ausstattung bleiben

Eine Kreisumlage, die der Landkreis von seinen kreis­an­ge­hörigen Gemeinden erhebt, darf nicht dazu führen, dass den Gemeinden keine finanzielle Minde­st­ausstattung zur Wahrnehmung ihrer Pflichtaufgaben sowie von freiwilligen Selbst­ver­wal­tungs­aufgaben mehr bleibt. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Die Klägerin, eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz, wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurch­schnitt­licher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Klägerin geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbands­ge­mein­de­umlage, Finan­z­aus­gleich­s­umlage, Gewer­be­­steu­er­umlage) dazu führe, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % (genau: zu 108,2 %) abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlage­ver­pflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum. Klage und Berufung blieben erfolglos.

Landes­ge­setzgeber an allgemeinen Gleichheitssatz gebunden

Auf die Revision der Klägerin hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht das Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar enthält das maßgebliche Landesrecht, das die Kreise zur Umlageerhebung ermächtigt, bezüglich der Höhe der Umlage keine ausdrückliche Begrenzung. Diese folgt jedoch aus Art. 28 Abs. 2 GG, der die kommunale Selbst­ver­waltung institutionell garantiert und den Kommunen im "Kern" eine finanzielle Minde­st­ausstattung sichert, die unantastbar ist. Daneben ist der Landes­ge­setzgeber an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der ihn verpflichtet, Kreise und Gemeinden sowie die Gemeinden untereinander bei seinen Maßnahmen zur kommunalen Finan­z­ausstattung gleich zu behandeln. Für Diffe­ren­zie­rungen bedarf es eines sachlichen Grundes.

Gesamt­be­trachtung sämtlicher Umlage­ver­pflich­tungen geboten

Da der Landes­ge­setzgeber die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finan­z­aus­gleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land gestellt hat, ist eine Gesamt­be­trachtung sämtlicher Umlage­ver­pflich­tungen der Gemeinde geboten. Diese Grundsätze hat auch der Landkreis gegenüber den kreis­an­ge­hörigen Gemeinden bei der Festsetzung der Kreisumlage zu beachten. Zwar bewirkt ein progressiver Umlagesatz an sich noch nicht eine vollständige Entziehung der vom Grundgesetz den Gemeinden garantierten Steuerhoheit. Das wäre erst der Fall, wenn die Steuer­kraft­un­ter­schiede zwischen den umlage­pflichtigen Gemeinden eingeebnet werden; doch so liegt es hier nicht. Führt die Kreisumlage aber im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass einer Gemeinde ihre Finanzkraft praktisch zur Gänze entzogen wird, ist das Recht auf kommunale Selbst­ver­waltung verletzt. Allerdings ist die Grenze des verfas­sungs­rechtlich äußerst Hinnehmbaren erst dann überschritten, wenn die gemeindliche Verwal­tungsebene nicht nur vorübergehend in einem Haushaltsjahr, sondern strukturell unterfinanziert ist. Ob dies hier der Fall ist, muss das Oberver­wal­tungs­gericht noch prüfen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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