18.10.2024
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Dokument-Nr. 26752

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Urteil28.11.2018BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 C 2.17 und BVerwG 6 C 3.17
Vorinstanz:
  • Vorinstanzen zu BVerwG 6 C 2.17 VG Berlin, 2 K 83.14 - Urteil vom 23. März 2015 - OVG Berlin-Brandenburg, 3 B 10.15 - Urteil vom 13. Oktober 2016 - Vorinstanzen zu BVerwG 6 C 3.17 VG Berlin, 2 K 141.14 - Urteil vom 15. Dezember 2015 - OVG Berlin-Brandenburg, 3 B 3.16 - Urteil vom 13. Oktober 2016 -
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Bundesverwaltungsgericht Urteil28.11.2018

Berliner Sparkasse darf Kreisverbänden der NPD nicht Eröffnung von Girokonto verweigernPolitische Betätigung einer Partei darf nicht in Anknüpfung an ihre verfas­sungs­widrige Zielsetzung eingeschränkt oder behindert werden

Gewährt die Berliner Sparkasse dem Kreisverband einer anderen politischen Partei die Möglichkeit, bei ihr ein Girokonto zu eröffnen, darf sie die Eröffnung eines Girokontos für die Berliner Kreisverbände der NPD nicht verweigern. Das entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Kläger der zugrunde liegenden Verfahren sind zwei Kreisverbände des Landesverbands Berlin der NPD. Sie beantragten bei der Berliner Sparkasse erfolglos die Eröffnung eines Girokontos und verfolgten ihr Begehren im Klagewege weiter. Die Beklagte als Trägerin der Berliner Sparkasse berief sich im gerichtlichen Verfahren darauf, dass die Klagen mangels wirksamer Gründung der Kläger bereits unzulässig seien. Die vorgelegten Dokumente reichten nicht aus, um die rechtliche Existenz der Kläger als nicht rechtsfähige Vereine nachzuweisen. Im Übrigen seien die Klagen auch unbegründet, da den Klägern ein Anspruch auf Gleich­be­handlung mit Kreisverbänden anderer politischer Parteien nicht zustehe. Die NPD verfolge verfas­sungs­widrige Ziele. Außerdem ermöglichten die Gründungs­do­kumente der Kläger nicht die nach dem Geldwä­sche­gesetz erforderliche Identifizierung.

VG bejaht Anspruch auf Gleich­be­handlung von Parteien

Das Verwal­tungs­gericht Berlin gab den Klagen statt. Die Berufungen der Beklagten blieben erfolglos. Die gegen die berufungs­ge­richt­lichen Urteile gerichteten Revisionen der Beklagten wies das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurück, weil die Kläger betei­lig­tenfähig sind und der Anspruch auf Gleich­be­handlung der Parteien nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Partei­en­ge­setzes hinsichtlich der begehrten Eröffnung eines Girokontos besteht.

Kreisverbände wurden wirksam gegründet und können an verwal­tungs­ge­richt­lichem Verfahren als Beteiligte mitwirken

Bei den Klägern handelt es sich um nicht rechtsfähige Vereine, die am Rechtsverkehr teilnehmen. Sie sind wirksam gegründet und können an einem verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahren als Beteiligte mitwirken. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich hierbei auf die Prüfung, ob die Mitglieder der Kläger die Gründung beschlossen und einen Vorstand gewählt haben und ob der Landesverband der NPD die Kläger anerkannt hat. Hingegen ist die Einhaltung der für die Gründung und Vorstandswahl zu beachtenden Satzungs­be­stim­mungen wegen der in Art. 21 Abs. 1 GG verankerten Partei­en­freiheit nicht geboten. Die Partei­e­n­au­tonomie schützt die Gründungs-, Organisations- und Betäti­gungs­freiheit politischer Parteien. Die Verletzung von Satzungs­vor­schriften bei der Gründung oder der Wahl des Vorstands betrifft die von Art. 21 Abs. 1 GG geschützte innere Ordnung der politischen Partei und ihrer Gebietsverbände. Nur Mitglieder und Organe können demzufolge Satzungs­verstöße geltend machen, nicht aber Dritte, die im Geschäfts­verkehr mit der politischen Partei oder ihren Gebiets­ver­bänden in Kontakt treten. Die von der Beklagten geltend gemachte Nichteinhaltung von Satzungs­be­stim­mungen bei der Gründung und der Wahl der Vorstände der Kläger steht danach der Annahme ihrer Existenz und Betei­lig­ten­fä­higkeit nicht entgegen.

Anspruch auf Gleich­be­handlung mit anderen Parteien bei Kontoeröffnung scheitert nicht an Verfolgung verfas­sungs­widriger Ziele

Der Anspruch der Kläger auf Gleich­be­handlung bei der Kontoeröffnung scheitert nicht daran, dass die NPD verfas­sungs­widrige Ziele verfolgt. Eine solche Partei kann zwar gemäß Art. 21 Abs. 3 GG von der Partei­en­fi­nan­zierung ausgeschlossen werden. Aufgrund des in Art. 21 Abs. 2 GG verankerten Partei­en­pri­vilegs darf die Verwaltung die politische Betätigung der Partei oder ihrer Gebietsverbände aber nicht in Anknüpfung an ihre verfas­sungs­widrige Zielsetzung einschränken oder behindern. Der Gleich­be­hand­lungs­an­spruch ist zudem nicht wegen der der Beklagten obliegenden Sorgfalts­pflichten nach dem Geldwä­sche­gesetz ausgeschlossen. Eine Identifizierung der Kläger und der für sie handelnden Personen ist ihr möglich.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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