23.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.03.2012

Bewertung einer schriftlichen Arbeit mit „ungenügend ( Punkte)“ bei bloßer Kontaktaufnahme mit dem Prüfer unver­hält­nismäßigHerabsetzung der Note verstößt gegen Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit und stellt Verletzung des Grundrechts auf Berufs­wahl­freiheit dar

Die bloße Kontaktaufnahme einer Kandidatin in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung mit dem Prüfer einer von ihr verfassten Examensklausur darf nicht schon als solche als unzulässiger Versuch einer Beeinflussung des Prüfers sanktioniert werden. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

In dem entschiedenen Fall verfehlte die Klägerin aufgrund der Ergebnisse ihrer schriftlichen Prüfungs­leis­tungen die Zulassung zur mündlichen Prüfung und legte hiergegen Widerspruch ein. Sie rief den Prüfer einer ihrer Klausuren an, der vom Landes­jus­tiz­prü­fungsamt wegen ihres Widerspruchs mit einer Überprüfung seiner Benotung beauftragt worden war. Hierbei erbat sie nähere Erläuterungen zu den Gründen der Notenvergabe. Das sächsische Justiz­prü­fungsamt sah hierin einen nach der sächsischen Justi­z­aus­bildungs- und Prüfungsordnung unzulässigen Beein­flus­sungs­versuch und setzte die Note der Klausur unter Abbruch des Prüfungs­ver­fahrens nachträglich auf „ungenügend ( Punkte)“ herab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, die notwendige Unbefangenheit des Prüfers im Rahmen der Überprüfung der vergebenen Benotung sei mit dem Anruf beeinträchtigt worden, da die Kandidatin ihn davon in Kenntnis gesetzt habe, dass sie bereits zum zweiten Mal an der Prüfung teilnehme und unter anderem wegen seiner Benotung nicht die hinreichende Punktezahl erreicht habe, um zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Verwal­tungs­gericht hat diese Entscheidung aufgehoben und das Landes­jus­tiz­prü­fungsamt zur Fortsetzung des Prüfungs­ver­fahrens verpflichtet. Auf die hiergegen eingelegte Berufung hat das Oberver­wal­tungs­gericht die Klage der Kandidatin abgewiesen.

Seitens der Klägerin mitgeteilte Umstände nicht geeignet, die Unbefangenheit des Prüfers zu beeinträchtigen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist dem Oberver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt und hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts wieder­her­ge­stellt. Es dient der Chancengleichheit im Prüfungs­ver­fahren und ist daher im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn prüfungs­rechtliche Bestimmungen die Noten­her­ab­setzung bei Prüfungs­leis­tungen vorsehen, deren Bewertung ein Kandidat durch Einwirken auf den Prüfer zu beeinflussen versucht. Die von der Klägerin mitgeteilten Umstände waren aber ihrem Inhalt nach nicht geeignet, die Unbefangenheit des Prüfers zu beeinträchtigen. Von einem verant­wor­tungs­be­wussten und gewissenhaften Prüfer kann erwartet werden, dass er solche Mitteilungen richtig einzuordnen weiß und sich von ihnen im Rahmen seiner Bewertung nicht beeinflussen lässt. Daher war es nicht geboten, das Verhalten der Klägerin mit einer Sanktion zu belegen, um die Chancen­gleichheit im Prüfungs­ver­fahren gegenüber anderen Kandidaten zu wahren, wie sie durch die hier einschlägige landes­rechtliche Ermäch­ti­gungsnorm geschützt wird. Die gleichwohl vorgenommene Herabsetzung der Note auf „ungenügend ( Punkte)“ verstieß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und verletzte dadurch das Grundrecht der Klägerin auf Berufs­wahl­freiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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