21.11.2024
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Dokument-Nr. 21757

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Urteil21.10.2015BundesverwaltungsgerichtBVerwG 5 C 21.14
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil26.01.2012, 4 K 949/11
  • Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Urteil20.02.2014, 12 S 494/12
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.10.2015

Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes auch bei InobhutnahmeEltern dürfen im Falle der Inobhutnahme ihres Kindes zur Zahlung eines Mindest­kosten­beitrags in Höhe des Kindergeldes herangezogen werden

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass Eltern im Falle der Inobhutnahme ihres Kindes dazu herangezogen werden dürfen, einen Mindest­kosten­beitrag in Höhe des Kindergeldes für die vom Jugendamt sichergestellte Unterbringung des Kindes zu zahlen.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte das Jugendamt der beklagten Stadt die 17-jährige Tochter des Klägers auf ihre Bitte hin Anfang Februar 2009 in Obhut genommen und in einer Jugend­hil­fe­ein­richtung untergebracht. Für die bis Mai 2009 andauernde Inobhutnahme entstand dem Jugendamt ein monatlicher Aufwand von mindestens 8.250 Euro. Mit dem streitigen Bescheid zog die beklagte Stadt den Kläger zu einem jugend­hil­fe­recht­lichen Kostenbeitrag in Höhe des monatlichen Kindergeldes (164 Euro) heran. Wenn Jugendämter auf ihre Kosten Kinder oder Jugendliche in Heimen oder bei Pflegeeltern unterbringen, sind die leiblichen Eltern, die während der Zeit der Unterbringung den Unterhalt ersparen, grundsätzlich verpflichtet, sich an den entstehenden Aufwendungen durch Kostenbeiträge - gestaffelt nach ihrem Einkommen - zu beteiligen. Ist ihr Einkommen wie bei dem Kläger zu gering, haben sie nach einer Regelung im Sozial­ge­setzbuch Achtes Buch (Kinder- und Jugendhilfe) zumindest einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Hierauf gestützt hat das Verwal­tungs­gericht die vom Kläger erhobene Klage abgewiesen. Die Berufung zum Verwal­tungs­ge­richtshof hatte Erfolg. Dieser war der Auffassung, der Kläger sei nicht verpflichtet, einen Kostenbeitrag zu erbringen, weil die genannte Vorschrift nur für Leistungen der Jugendhilfe gelte, nicht aber für (vorläufige) Maßnahmen mit Eingriff­s­cha­rakter wie die Inobhutnahme.

BVerwG bejaht Heranziehung der Eltern zu Zahlung eines Kostenbeitrags in Höhe des Kindergeldes

Auf die Revision der beklagten Stadt hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richtshofs aufgehoben. Es hat entschieden, dass der Kläger für die noch im Streit stehenden Monate März und April 2009 zu Recht zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe des Kindergeldes herangezogen worden ist. Bei der Inobhutnahme handelt es sich um eine Leistung über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses im Sinne der gesetzlichen Vorschrift. Die Inobhutnahme weist nicht nur den Charakter einer staatlichen Eingriffs­maßnahme auf. Sie enthält notwendig auch Leistungs­elemente, weil das Jugendamt zur Gewährung von Unterkunft, Verpflegung und sozia­l­päd­ago­gischer Betreuung gesetzlich verpflichtet ist. Zwar unterfällt die Inobhutnahme nicht dem Leistungs­begriff, wie er in den ersten Kapiteln des Sozial­ge­setzbuchs Achtes Buch verwendet wird. Im Kosten­bei­tragsrecht des Achten Kapitels findet sich jedoch ein anderer, weiterer Leistungs­begriff, der auch die Inobhutnahme erfasst. Der Gesetzgeber hat dort die Inobhutnahme in den Katalog der beitrags­pflichtigen Leistungen aufgenommen. Damit hat er die mit der Inobhutnahme verbundenen Zuwendungen der Sache nach als ausgleichs­fähigen und ausgleichs­be­dürftigen geldwerten Vorteil ausgewiesen. Er wollte dem Umstand Rechnung tragen, dass bei einer Unterbringung über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses die Eltern von der Leistung des Unterhalts befreit werden, weil diese vom Jugendamt erbracht wird. Der kinder­geld­be­rechtigte Elternteil soll zumindest in Höhe des Kindergeldes zu den insoweit aufgewendeten Kosten beitragen. Durch diese Abschöpfung soll die Zweckbindung des Kindergeldes, dem Unterhalt des untergebrachten Kindes zu dienen, sichergestellt und eine diesbezügliche Doppel­fi­nan­zierung durch die staatliche Gemeinschaft vermieden werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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