21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.09.2009

Entschädigung für Enteignung eines Ritterguts eines Enkels des Reichskanzlers von Bismarck muss neu verhandelt werdenVerwal­tungs­gericht urteilt rechts­feh­lerhaft

Da das Verfahren um die Klage der Erben eines Enkels des Reichskanzlers von Bismarck auf Ausgleichs­leis­tungen für das Rittergut Schönhausen rechts­feh­lerhaft beurteilt wurde, wurde die Klage vom Bundes­ver­wal­tungs­gericht an das Verwal­tungs­gericht Magdeburg zurückverwiesen.

Die Kläger sind die Erben des im Jahre 1975 verstorbenen Otto (II.) Fürst von Bismarck (Enkel des Reichskanzlers). Sie begehren Ausgleichs­leis­tungen für das Rittergut Schönhausen samt Einrichtung (einschließlich des früheren Bismarck- Museums), das nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der Bodenreform in der damaligen sowjetischen Besatzungszone enteignet wurde. Das beklagte Landes­ver­wal­tungsamt Sachsen-Anhalt lehnte 2007 die Gewährung einer Entschädigung ab. Eine Ausgleichsleistung sei nach dem Ausschluss­tat­bestand in § 1 Abs. 4 AusglLeistG (s.u.) ausgeschlossen, weil der frühere Eigentümer des Ritterguts Otto (II.) Fürst von Bismarck dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Regime erheblich Vorschub geleistet habe. Das Verwal­tungs­gericht Magdeburg hat die Klage abgewiesen und den Ausschlussgrund des Vorschub­leistens ebenfalls bejaht. Zwar rechtfertigten die konkreten Tätigkeiten und Handlungen Otto von Bismarcks diese Annahme noch nicht. Ein erhebliches Vorschubleisten werde aber durch seine exponierte berufliche Verwendung als stell­ver­tre­tender deutscher Botschafter von April 1940 bis August 1943 in Rom indiziert. Aus historischen Unterlagen ergebe sich, dass das Auswärtige Amt spätestens ab der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 in die Verfolgung der Juden in Europa involviert gewesen sei.

Zu Unrecht Indizwirkung angenommen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. Es hat beanstandet, dass das Verwal­tungs­gericht dem Vortrag der Kläger dazu nicht weiter nachgegangen ist, dass Otto von Bismarck die deutsche Forderung nach Überstellung der kroatischen Juden gegenüber der italienischen Regierung mit einer Warnung vor den wahren Absichten der deutschen Regierung verbunden und so zu deren Nicht­aus­lie­ferung beigetragen habe. Die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass es hierauf nicht ankomme, weil Italien sein Vorgehen selbst und alleine bestimmt habe, ist rechts­feh­lerhaft. Ein erhebliches Vorschubleisten im Sinne des Ausschluss­grundes nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG kann bei einer Würdigung aller Umstände auch dann entfallen, wenn ein regime­schäd­liches Verhalten nicht erfolgreich war. Außerdem hat das Verwal­tungs­gericht hier zu Unrecht eine Indizwirkung angenommen.

VG muss gegebenenfalls individuelles Verhalten Otto von Bismarcks hinsichtlich des Ausschluss­tat­be­stands prüfen

Das Verwal­tungs­gericht muss sich nunmehr erneut mit der Klage befassen. Dabei wird es gegebenenfalls auch die tatrichterliche Prüfung nachholen müssen, ob eine Gesamtwürdigung des individuellen Verhaltens Otto von Bismarcks von seinem Eintritt in die NSDAP 1933 bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven diplomatischen Dienst Ende November 1944 den Ausschluss­tat­bestand des erheblichen Vorschub­leistens erfüllt.

§ 1 Abs. 4 AusglLeistG lautet:

(4) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wenn der nach den Absätzen 1 und 2 Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, oder das enteignete Unternehmen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts­s­taat­lichkeit verstoßen, in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht oder dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen oder dem kommunistischen System in der sowjetisch besetzten Zone oder in der Deutschen Demokratischen Republik erheblichen Vorschub geleistet hat.

Quelle: ra-online, BVerwG

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