22.11.2024
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Dokument-Nr. 21990

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Urteil10.12.2015BundesverwaltungsgerichtBVerwG 3 C 7.14
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Hannover, Urteil09.04.2013, 9 A 52/12
  • Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil25.03.2014, 13 LC 110/13
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil10.12.2015

Nitratreiche Gemüse­kon­zentrate sind als zulassungs­pflichtige Lebens­mittel­zusatz­stoffe einzustufenGemüse­kon­zentrat wird aus rein technologischen Gründen zugesetzt

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass nitratreiche Gemüse­kon­zentrate, die bei der Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren u.a. zur Farbsta­bi­li­sierung (Umrötung) und als Anti­oxidations­mittel eingesetzt werden, als - zulassungs­pflichtige - Lebens­mittel­zusatz­stoffe einzustufen sind.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Mitglied des Anbauverbandes Bioland e.V. und vermarktet ihre Produkte unter dem Biosiegel "Bioland". Bei der Herstellung von Kochschinken und Fleischwurst verwendet sie anstelle des konventionellen Nitrit­pö­kel­salzes eine pulverförmige, konzentrierte Gemüsemischung und ein Gemüse­saft­kon­zentrat, die durch den Entzug von Wasser aus nitratreichen Gemüsen und Gewürzen gewonnen werden. Diese Konzentrate werden mit einer Starterkultur aus Mikroorganismen der Lake für die Fleisch­zu­be­reitung zugegeben. Dadurch erhalten die Produkte das typische Pökelaroma und eine stabile rötliche Färbung. Der beklagte Landkreis untersagte der Klägerin die Verwendung der Gemüse­kon­zentrate mit der Begründung, es handele sich um nicht zugelassene Lebens­mit­tel­zu­satz­stoffe. Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Zusatzstoffe in Lebensmitteln dürfen nur mit entsprechender Zulassung verwendet werden

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Nach dem europäischen Lebens­mit­telrecht dürfen Lebens­mit­tel­zu­satz­stoffe in Lebensmitteln nur verwendet werden, wenn sie dafür zugelassen sind. Die von der Klägerin bei der Fleisch­her­stellung eingesetzten Gemüse­kon­zentrate sind Lebens­mit­tel­zu­satz­stoffe im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008.* Sie werden dem Fleisch zur Farbsta­bi­li­sierung und zum Schutz vor schädlichen Auswirkungen der Oxidation (Ranzigwerden von Fett) beigegeben und damit aus technologischen Gründen zugesetzt. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungs­ge­richts handelt es sich auch nicht um Stoffe, die üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt werden. Dagegen sprechen der stark erhöhte Nitratgehalt der Konzentrate und die gesundheitliche Erwägung, die Nitrataufnahme über Gemüse so gering wie möglich zu halten. Zudem fehlt es an geschmacklichen oder optischen Gesichtspunkten für einen Verzehr. Ebenso wenig sind die Gemüse­kon­zentrae als charak­te­ris­tische Zutat für Fleischprodukte einzustufen. Das Berufungs­gericht konnte nicht feststellen, dass ihnen eine prägende Wirkung für das Lebensmittel zukommt. Auch die Hersteller von Bio-Fleischwaren handhaben die Verwendung von künstlichem Nitritpökelsalz unterschiedlich. Schließlich sind die Gemüse­kon­zentrate nicht von dem Anwen­dungs­bereich der Lebens­mit­tel­zu­satz­stoff­ver­ordnung ausgenommen. Zwar gelten Lebensmittel in getrockneter oder konzentrierter Form, die einem anderen Lebensmittel wegen ihrer aroma­ti­sie­renden, geschmacklichen oder ernäh­rungs­phy­sio­lo­gischen Eigenschaften beigegeben werden und eine färbende Nebenwirkung haben, nicht als Lebens­mit­tel­zu­satzstoff. Die Gemüse­kon­zentrate erfüllen diese Voraussetzungen aber nicht, weil sie nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts weder als Farbstoff eingesetzt werden noch die beabsichtigte Umrötung nur Nebenzweck ist, sondern vielmehr die Hauptwirkung. Danach hat der Beklagte die Unter­sa­gungs­a­n­ordnung zu Recht erlassen, weil die Gemüse­kon­zentrate nicht als Lebens­mit­tel­zu­satzstoff zugelassen sind.

* Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 1333/2008 lautet:

"Lebens­mit­tel­zu­satzstoff": ein Stoff mit oder ohne Nährwert, der in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charak­te­ris­tische Lebens­mit­telzutat verwendet wird und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung … zugesetzt wird, wodurch er selbst oder seine Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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