21.11.2024
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Dokument-Nr. 19085

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Urteil30.10.2014BundesverwaltungsgerichtBVerwG 2 C 3.13, BVerwG 2 C 6.13, BVerwG 2 C 32.13, BVerwG 2 C 36.13, BVerwG 2 C 38.13, BVerwG 2 C 39.13
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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.10.2014

Zahlungs­ansprüche von Beamten wegen unzulässiger alter­s­ab­hängiger Besoldung nur in geringem Umfang begründetBVerwG bejaht Ent­schädigungs­an­sprüche wegen Alters­dis­kriminierung in Höhe von 100 Euro/Monat

Beamte haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Entschädigung, weil die Höhe ihrer Bezüge entgegen den Vorgaben der "Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleich­be­handlung in Beschäftigung und Beruf" allein von ihrem Lebensalter abhing. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens sind Beamte oder Soldaten, für die die besol­dungs­recht­lichen Bestimmungen der Länder Sachsen-Anhalt und Sachsen bzw. des Bundes maßgeblich sind. Die früher anzuwendenden gesetzlichen Besol­dungs­re­ge­lungen (§§ 27 und 28 BBesG a.F.) knüpften die erste Einstufung in die Tabelle der nach der Dienstzeit aufsteigenden Dienstbezüge allein an das Lebensalter des Betreffenden an. Nach dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht) benachteiligt dies jüngere Beamte ungerecht­fertigt wegen ihres Alters.

BVerwG spricht einigen Beamten Entschädigung zu

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat einigen der Beamten eine Entschädigung in Höhe von 100 Euro/Monat zugesprochen, abhängig vom jeweils maßgeblichen Besoldungsrecht sowie vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs.

Aufrecht­er­haltung der bisherigen diskri­mi­nie­renden Wirkung ist nach dem Urteil des EuGH gerechtfertigt

Nach den nunmehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen werden neu eingestellte Beamte regelmäßig in die erste Stufe eingruppiert. Ihr Grundgehalt steigt anschließend mit ihrer Dienstzeit an; diese Anknüpfung der Besoldung an die im Dienst­ver­hältnis verbrachte Zeit steht mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang. Nach dem geltenden Besoldungsrecht der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die vorhandenen Beamten in dieses neue System übergeleitet. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich diejenige Dienst­al­ter­sstufe, die die Beamten nach bisherigem Recht erreicht hatten. Die damit verbundene Perpetuierung der bisherigen diskri­mi­nie­renden Wirkung ist nach dem genannten Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 aber gerechtfertigt.

BVerwG verneint Ausgleichs­ansprüche für Beamte des Landes Sachsen-Anhalt für den Zeitraum ab dem 1. April 2011

Deshalb scheiden für Beamte des Landes Sachsen-Anhalt Ausgleichs­ansprüche für den Zeitraum ab dem 1. April 2011 aus. Für Beamte des Freistaates Sachsen gilt dasselbe für den Zeitraum ab dem 1. September 2006. Denn im Freistaat Sachsen ist das neue Besol­dungs­system zulässigerweise rückwirkend zu diesem Datum in Kraft gesetzt worden. Diese gesetzliche Regelung hat für die betroffenen Beamten keine belastende Wirkung und führt zudem dazu, dass für die Besoldung der Beamten des Freistaates Sachsen für den Zeitraum ab dem 1. September 2006 überhaupt eine gesetzliche Regelung besteht, die mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang steht.

Unions­recht­licher Haftungs­an­spruch scheidet ebenso aus wie verschul­den­s­ab­hängiger Schaden­s­er­satz­an­spruch

Ein Anspruch von Beamten als Ausgleich für die frühere, an das Alter anknüpfende Bemessung ihrer Dienstbezüge kann allein nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG) bestehen. Diese Vorschrift räumt bei einem Verstoß gegen das Benach­tei­li­gungs­verbot wegen des Alters einen verschul­den­su­n­ab­hängigen Anspruch auf angemessene Entschädigung ein. Dagegen ist bereits nach dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 die Einstufung der Beamten in eine höhere oder gar die höchste Stufe der jeweiligen Besoldungsgruppe ausgeschlossen. Denn die unzulässige Benachteiligung wegen des Alters erfasst sämtliche Gruppen von Beamten. Deshalb besteht kein gültiges Bezugssystem mehr, an das der Anspruch auf Gleich­be­handlung anknüpfen könnte. Der unions­rechtliche Haftungs­an­spruch scheidet als Grundlage ebenso aus wie der verschul­den­s­ab­hängige Schaden­s­er­satz­an­spruch nach § 15 Abs. 1 AGG. Die Voraussetzungen dieser Anspruchs­grundlagen waren erst mit der Bekanntgabe des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 (Az. C-297/10 u.a.) erfüllt.

Entschä­di­gungs­an­spruch kommt lediglich für August 2006 (Sachsen) bzw. von August 2006 bis Ende März 2011 (Sachsen-Anhalt) in Betracht

Die Regelung des § 15 Abs. 2 AGG erfasst auch den Fall, dass sich der Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters nach § 7 Abs. 1 AGG aus der korrekten Anwendung von bundes­ge­setz­lichen Bestimmungen (hier §§ 27 und 28 BBesG a.F.) ergibt. Wegen der unions­rechts­kon­formen Überlei­tungs­be­stim­mungen der Länder und des Inkrafttretens des AGG im August 2006, das die oben genannte Richtlinie in inner­staat­liches Recht umgesetzt hat, kommt ein Entschä­di­gungs­an­spruch aber lediglich für den Monat August 2006 (Sachsen) bzw. für den Zeitraum von August 2006 bis Ende März 2011 (Sachsen-Anhalt) in Betracht; danach galt jeweils das unions­rechts­konforme neue Besoldungsrecht. Als angemessen im Sinne von § 15 Abs. 2 AGG hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht eine pauschale Entschädigung von 100 Euro/Monat angesehen. Da das AGG erst Mitte August 2006 in Kraft getreten ist, ist der Entschä­di­gungs­betrag für diesen Monat zu halbieren.

BVerwG erkennt Beamten je nach Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs Zahlungs­an­spruch in bestimmter Höhe zu

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht den klagenden Beamten - je nach dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs und dem Inkrafttreten des neuen, Unions­rechts­kon­formen Besol­dungs­rechts - einen Zahlungs­an­spruch in bestimmter Höhe zuerkannt (im Streitfall mit dem längsten Zeitraum in Höhe von 5.550 Euro, in einem Fall aus Sachsen lediglich in Höhe von 50 Euro) oder die Klage abgewiesen.

BVerwG verneint Entschä­di­gungs­an­spruch der Soldaten

In den Streitfällen der Soldaten, deren Besoldung ebenfalls in den §§ 27 und 28 BBesG a.F. geregelt war, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht dagegen keinen Anspruch auf Entschädigung zuerkannt. Denn diese hatten ihre Ansprüche wegen der unions­rechts­widrigen Besoldung erst nach Ablauf der für sie maßgeblichen Ausschlussfrist gegenüber der Bundeswehr geltend gemacht. Auf die Frage, ob die Richtlinie auf die Besoldung von Soldaten überhaupt Anwendung findet, kam es deshalb nicht an.

Vorinstanzen:

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 3.13

Verwal­tungs­gericht Halle, Urteil v. 28. September 2011 - 5 A 63/10 HAL -

Oberver­wal­tungs­gericht Magdeburg, Urteil v. 11. Dezember 2012 - 1 L 188/11 -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 6.13

Verwal­tungs­gericht Halle, Urteil v. 28.09.2011 - 5 A 349/09 HAL u.a. -

Oberver­wal­tungs­gericht Sachsen-Anhalt, Urteil v. 11.12.2012 - 1 L 9/12 -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 32.13

Verwal­tungs­gericht Chemnitz, Urteil v. 3. Februar 2011 - 3 K 612/10 - Oberver­wa­lungs­gericht Sachsen, Urteil v. 23. April 2013 - 2 A 150/12 -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 36.13

Verwal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 23. Oktober 2012 - 1 K 607/12.KO - Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 20. Februar 2013 - 10 A 11216/12.OVG -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 38.13

Verwal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 23. Oktober 2012 - 1 K 726/12.KO - Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 20. Februar 2013 - 10 A 11217/12.OVG -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 39.13

Verwal­tungs­gericht Trier, Urteil v. 25. Oktober 2012 - 1 K 858/12.TR - Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 20. Februar 2013 - 10 A 11167/12.OVG -

Vorinstanz zu BVerwG 2 C 47.13

Verwal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 25. Februar 2013 - 1 K 812/12 - Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz, Urteil v. 19. Juli 2013 - 10 A 10422/13 -

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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