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Bundesverwaltungsgericht Urteil26.06.2008
Bremen: Das Kopftuchverbot für Lehrkräfte gilt für Referendare nur eingeschränktUnzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass für die Ausbildung zur Lehrerin von einer Frau, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt, nicht im Hinblick auf eine abstrakte Gefährdung des Schulfriedens das Ablegen des Kopftuchs verlangt werden kann. Eine solche Auslegung des Bremischen Schulgesetzes stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die vom Grundgesetz allen Deutschen garantierte Berufsfreiheit dar.
Zwar kann der Staat von angestellten oder beamteten Lehrkräften verlangen, dass sich diese in der Schule des Tragens jeglicher religiöser Symbole enthalten. Das besondere öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis – außerhalb eines Beamtenverhältnisses – ist vom Bundesverfassungsgericht aber gerade gefordert worden, um bei Berufen mit staatlichem Ausbildungsmonopol solchen Personen, die nicht in ein Beamtenverhältnis übernommen werden könnten, gleichwohl den Zugang zu diesen Berufen zu ermöglichen, die außerhalb des öffentlichen Dienstes auszuüben sind, z.B. als Lehrer an Privatschulen. Würde man nun auch im Rahmen eines solchen besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses von einer angehenden (deutschen) Lehrkraft von vornherein verlangen, von ihr als verbindlich empfundene religiöse Kleidungsvorschriften während des Unterrichts nicht zu befolgen, käme eine solche Auslegung des Bremischen Schulgesetzes (§ 59 Abs. 4 und 5) einer verfassungswidrigen Berufszulassungsschranke gleich. Denn die Klägerin könnte dann ihre mit dem Studium begonnene Ausbildung nicht berufsqualifizierend abschließen.
Beschränkung nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter
Das Grundgesetz erlaubt solche Einschränkungen des Berufszugangs nur dann, wenn sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind. Insofern verstößt die Auslegung der Vorschriften des Bremischen Schulgesetzes durch das Berufungsgericht, das auch im Ausbildungsverhältnis bereits eine abstrakte, d.h. theoretische Gefährdung des Schulfriedens hat ausreichen lassen, gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Schulbehörde wird nun zu prüfen haben, ob die Durchführung der Ausbildung der Klägerin eine greifbare, d.h. konkrete Gefährdung des Schulfriedens im Hinblick auf Grundrechte der Eltern und Schüler darstellt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 38/08 des BVerwG vom 26.06.2008
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