Bundesverwaltungsgericht Urteil30.08.2018
Anfechtungsrecht bei Konkurrentenklagen kann verwirkenAnfechtung der Ernennung eines Konkurrenten muss innerhalb eines Jahres erfolgen
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Recht des Beamten, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch in Fällen der Rechtsschutzhinderung durch die Anfechtung der Ernennung eines Konkurrenten geltend zu machen, der Verwirkung unterliegt.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Rechtstreits - eine Studienrätin im Dienste des Freistaates Thüringen - wandte sich im Jahr 2013 gegen die im Jahr 2009 vorgenommene Beförderung einer Kollegin zur Oberstudienrätin und beanspruchte ihre eigene Beförderung. Die Kollegin war ohne Ausschreibung und ohne Mitteilungen an bei der Auswahl nicht berücksichtigte andere beamtete Lehrer befördert worden.
Lehrerin bliebt trotz Kenntnis über regelmäßige Beförderungen für Lehrkräfte untätig
Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht führte im Berufungsurteil aus, dass die Klägerin das Anfechtungsrecht verwirkt habe, weil sie über Jahre hinweg untätig geblieben sei, obwohl ihr regelmäßige Beförderungen für Lehrkräfte bekannt gewesen seien. Jedenfalls hätte sie sich durch einfache Nachfrage darüber Kenntnis verschaffen können.
Rechtsschutzgesuch erfolgte zu spät
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision zurückgewiesen: Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin sei verwirkt. Zwar habe der Dienstherr den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin auf leistungsgerechte Berücksichtigung im Auswahlverfahren verletzt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts habe die Klägerin aber Kenntnis gehabt, dass alljährlich und in regelmäßigen Abständen Beförderungen vorgenommen worden seien. Daher sei es ihr zumutbar gewesen, binnen eines Jahres nach Ernennung der Kollegin zur Oberstudienrätin (1. April 2009) diese Ernennung anzufechten. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese Jahresfrist ist § 58 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das erst im Jahr 2013 gestellte Rechtsschutzgesuch sei daher verspätet. Zu diesem Zeitpunkt habe die zur Oberstudienrätin beförderte Kollegin darauf vertrauen dürfen, dass ihr neues Amt stabil und unangreifbar sei.
§ 58 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO lauten:
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online