21.11.2024
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Dokument-Nr. 7805

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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.04.2009

Kein erneutes Aufent­haltsrecht nach terroristischen Aktivitäten in der TürkeiAufenthalt in türkischer Haftanstalt kein berechtigter Grund für längere Abwesenheit aus dem Bundesgebiet

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat im Falle eines Aktivisten des „Kalifatstaats“ entschieden, dass sein Aufent­haltsrecht erloschen ist und ihm keine Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt werden darf.

Der Kläger, ein türkischer Staats­an­ge­höriger, kam 1981 im Alter von 14 Jahren zu seinen Eltern nach Deutschland und erhielt 1992 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Aus der nach islamischem Ritus mit einer deutschen Staats­an­ge­hörigen geschlossenen Ehe sind drei Kinder hervorgegangen; die Ehe ist mittlerweile geschieden.

Verhaftung wegen Verdachts der Zugehörigkeit zu bewaffneter terroristischer Organisation

Der Kläger wurde im Oktober 1998 in der Türkei festgenommen und im April 2000 vom türkischen Staats­si­cher­heits­gericht Istanbul zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass er einer - in Deutschland unter der Bezeichnung „Kalifatstaat“ bekannten und seit Dezember 2001 verbotenen - bewaffneten terroristischen Organisation angehöre. Er sei dem Aufruf zu einem Selbst­mor­d­an­schlag in der Türkei gefolgt und habe sich an dem Plan beteiligt, die Fatih-Moschee in Istanbul zu besetzen und ein Flugzeug mit Sprengstoff während der Feiern des türkischen Natio­na­l­fei­ertags auf das Atatürk- Mausoleum in Istanbul abstürzen zu lassen.

Erlöschen des Aufent­halts­rechts aufgrund längerer Abwesenheit ohne berechtigten Grund

Nach vorzeitiger Haftentlassung kehrte der Kläger im Dezember 2004 nach Deutschland zurück. Die Auslän­der­behörde lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis zum Familiennachzug zu seinen Kindern ab. Seine Klage hatte vor dem Oberver­wal­tungs­gericht keinen Erfolg. Es ist davon ausgegangen, dass die dem Kläger 1992 erteilte unbefristete Aufent­halt­s­er­laubnis durch seinen Aufenthalt in der Türkei erloschen sei. Auch sein Aufent­haltsrecht aus Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assozia­ti­o­nsrats EWG-Türkei (ARB 1/80) habe er verloren, weil er das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen habe. Eine neue Aufent­halt­s­er­laubnis dürfe ihm nicht erteilt werden, weil er einer Vereinigung angehört habe, die den Terrorismus unterstütze.

Ausreise erfolgte mit der Absicht im Ausland eine Straftat zu begehen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die dagegen gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Verschlech­te­rungs­verbot des Art. 13 ARB 1/80 steht dem Erlöschen der Aufent­halt­s­er­laubnis nicht entgegen, da die Änderungen bei den Erlöschens­gründen durch das Ausländergesetz von 1990 sich nicht zum Nachteil des Klägers auswirken. Auch das assozia­ti­o­ns­rechtliche Aufent­haltsrecht ist verloren gegangen, weil sich der Kläger für seine über sechsjährige Abwesenheit während der Haft in der Türkei nicht auf berechtigte Gründe berufen kann. Denn der Kläger ist nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts in der Absicht in die Türkei ausgereist, dort eine gegen den türkischen Staat gerichtete Straftat zu begehen. Er musste von vornherein für den Fall der Entdeckung mit einer langjährigen Freiheitsstrafe rechnen. Die Zeit des Aufenthalts in einer türkischen Haftanstalt, die der Ahndung seiner Straftat diente, kann assozia­ti­o­ns­rechtlich nicht als von berechtigten Gründen getragen angesehen werden. Zudem ist im hier vorliegenden Fall die Berufung des Klägers auf die Rechtsposition des Art. 7 ARB 1/80 missbräuchlich. Dem Begehren des Klägers auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 Aufent­halts­gesetz entgegen. Die Würdigung des Berufungs­ge­richts, der Kläger habe einer Vereinigung angehört, die den Terrorismus unterstützt, ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Annahme des Berufungs­ge­richts, dass der Kläger nach wie vor gefährlich ist, weil er bereit war, sein Leben für den „Kalifatstaat“ einzusetzen und sich von seiner Tat und den Zielen dieser Organisation bis heute nicht distanziert hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 28/09 des BVerwG vom 30.04.2009

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