18.10.2024
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Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 16379

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Bundesverwaltungsgericht Urteil30.07.2013

Aufent­halt­stitel zur Familien­zusammen­führung auch bei Patch­work­fa­milien möglichErteilung eines Aufent­halt­stitel in außer­ge­wöhn­lichem Härtefall und zur Vermeidung einer Verletzung von Art. 6 GG möglich

Ein Ausländer, der in Deutschland in einer Patch­work­familie mit seiner Partnerin und Kindern zusammenlebt, kann in einem außer­ge­wöhn­lichen Härtefall einen Aufent­halt­stitel beanspruchen, wenn dies erforderlich ist, um eine Verletzung von Art. 6 GG zu vermeiden. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der 40jährige Kläger des zugrunde liegenden Falls, der illegal nach Deutschland eingereist ist, und seine Lebensgefährtin sind ghanaische Staats­an­ge­hörige. Sie leben mit zwei gemeinsamen Kindern (drei bzw. fünf Jahre alt) in Deutschland. Zu ihrem Haushalt gehört auch die siebenjährige Tochter deutscher Staats­an­ge­hö­rigkeit aus einer früheren Beziehung der Lebensgefährtin, für die diese das alleinige Sorgerecht innehat. Die Partnerin des Klägers ist teilzeit­be­schäftigt, während der Kläger die Kinder versorgt.

OVG bejaht Erteilung der Aufent­halts­ge­neh­migung

Seine auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage hatte bei dem Verwal­tungs­gericht keinen Erfolg. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Beklagte hingegen zur Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 36 Abs. 2 des Aufent­halts­ge­setzes (AufenthG)* verpflichtet.

BVerwG weist Sache zur Klärung einer möglichen außer­ge­wöhn­lichen Härte zurück an das Berufungs­gericht

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Berufungs­ent­scheidung aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Eine Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf nur zur Vermeidung einer außer­ge­wöhn­lichen Härte erteilt werden, etwa dann, wenn dies geboten ist, um eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK zu vermeiden. Auch müssen grundsätzlich die allgemeinen Ertei­lungs­vor­aus­set­zungen für einen Aufent­halt­stitel vorliegen. Ob ein solcher Fall hier gegeben ist, kann erst nach weiterer Sachaufklärung entschieden werden.

Entscheidung über Aufent­halt­stitel muss Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen

Dem Kläger wäre es zwar zuzumuten, die familiäre Lebens­ge­mein­schaft mit seiner Partnerin und den gemeinsamen Kindern in Ghana zu führen. Ob dies jedoch auch für die deutsche Tochter der Partnerin gilt, hängt u.a. davon ab, wie sich ihr Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater und zum Kläger darstellt und ob sonstige Umstände ihr ein Verlassen des Bundesgebiets unzumutbar machen. Die Entscheidung über die Erteilung eines Aufent­halt­s­titels muss auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) berücksichtigen. Danach darf die Verweigerung eines Aufent­halt­s­titels nicht zur Folge haben, dass sich Unionsbürger wie die Tochter der Partnerin des Klägers de facto gezwungen sehen, das Gebiet der Union zu verlassen und damit auf die Ausübung ihres Unions­bür­ger­rechts zu verzichten.

*§ 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG:

Erläuterungen
Sonstigen Familien­an­ge­hörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außer­ge­wöhn­lichen Härte erforderlich ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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