15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.12.2016

Fehlende Zustimmung der Staats­an­walt­schaft zur Abschiebung verletzt nicht Rechte eines AusländersPflicht des Ausländers zur Erstattung der Kosten seiner Abschiebung bleibt bestehen

Ist gegen einen ausrei­se­pflichtigen Ausländer ein Strafverfahren eingeleitet worden und noch nicht abgeschlossen, verletzt die fehlende Zustimmung der Staats­an­walt­schaft zur Abschiebung nach § 72 Abs. 4 Aufent­halts­gesetz (AufenthG) keine eigenen Rechte des Ausländers. Das Zustimmungs­erfordernis dient vielmehr ausschließlich dem staatlichen Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung. Die fehlende Zustimmung der Staats­an­walt­schaft steht daher der Pflicht des Ausländers zur Erstattung der Kosten seiner Abschiebung nicht entgegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hervor.

Der Entscheidung lag der Fall einer peruanischen Staats­an­ge­hörigen zugrunde, die im Juni 2010 in Hamburg ohne Aufent­halt­s­er­laubnis aufgegriffen wurde. Gegen sie wurde ein Strafverfahren wegen illegalen Aufenthalts eingeleitet und Abschiebungshaft angeordnet. Am 1. Juli 2010 wies die Stadt Hamburg die Klägerin aus und ordnete ihre Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde im Jahr 2011 bestandskräftig. Am 22. Juli 2010 wurde die Klägerin in ihr Heimatland abgeschoben. Das Landgericht Hamburg stellte fest, dass die Abschie­bungshaft rechtswidrig war, weil das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft hierzu nicht vorlag. Der Bundes­ge­richtshof wies die dagegen gerichtete Rechts­be­schwerde zurück. Mit Kosten­fest­set­zungs­be­scheid vom April 2011 forderte die Beklagte die Klägerin zur Erstattung der Flugkosten in Höhe von 1.734 Euro als Kosten der Abschiebung auf.

Fehlende Zustimmung der Staats­an­walt­schaft begründet keine eigene Rechts­ver­letzung der Klägerin

Die hiergegen gerichtete Klage blieb auch in der Revisi­ons­instanz ohne Erfolg. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Zustimmung der Staats­an­walt­schaft nach § 72 Abs. 4 AufenthG nur der Wahrung öffentlicher Interessen dient, nicht der Wahrung eigener Rechte der Klägerin, soweit die Abschiebung betroffen ist. Das Fehlen der Zustimmung begründet daher insoweit keine eigene Rechts­ver­letzung der Klägerin. Die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs, wonach bei der Abschie­bungshaft das fehlende Einvernehmen der Staats­an­walt­schaft zu einer Verletzung des Ausländers in seinem Freiheits­grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) führt, bezieht sich nur auf die Rechts­ver­letzung durch diese besonders intensive Eingriffs­maßnahme, nicht hingegen auf die Abschiebung selbst. Ein maßgeblicher Unterschied zwischen diesen beiden staatlichen Zwangsmaßnahmen liegt darin, dass die Abschie­bungshaft in den besonderen verfas­sungs­recht­lichen Schutz bei Freiheits­ent­zie­hungen nach Art. 104 Abs. 1 GG eingreift, der für bloße Eingriffe in die Handlungs­freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) wie im Fall einer Abschiebung nicht gilt. Dessen ungeachtet stand einer inzidenten Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebung im Rahmen der Kosten­fest­setzung auch die Bestandskraft der Abschie­bungs­a­n­ordnung entgegen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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