15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil29.06.2017

Journalist hat Anspruch auf Einsicht in Gutachten über NS-Vergangenheit verstorbener ehemaliger Mitarbeiter des Bundes­landwirtschafts­ministeriumsBVerwG verneint jedoch Anspruch auf Akteneinsicht bei noch lebenden Mitarbeitern

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass einem Journalisten Einsicht in ein Gutachten über die politische Belastung ehemaliger Mitarbeiter des Bundes­landwirtschafts­ministeriums in der NS-Zeit gewährt werden muss, soweit die Mitarbeiter bereits verstorben sind. Einen Anspruch auf Einsicht bezüglich noch lebender Mitarbeiter hat es hingegen verneint.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen der Aufarbeitung seiner Vergangenheit ließ das Bundes­land­wirt­schafts­mi­nis­terium zur Klärung der Frage, ob es unter Würdigung des Verhaltens ehemaliger Bediensteter in der NS-Zeit angezeigt erscheint, diese nach ihrem Tod mit einer Kranzspende oder einem Nachruf zu ehren, ein wissen­schaft­liches Gutachten erstellen. Darin wurden die Lebensläufe von 62 ehemaligen Bediensteten des Ministeriums, die zum Zeitpunkt der Vergabe des Gutach­ten­auftrags noch lebten, im Hinblick auf eine natio­nal­so­zi­a­lis­tische Vergangenheit untersucht und bewertet.

Antrag eines Journalisten auf Einsicht nur unter Schwärzung von Teilen des Gutachtens stattgegeben

Dem Antrag des Klägers, eines Journalisten, ihm auf der Grundlage des Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­ge­setzes bzw. nach Maßgabe des presse­recht­lichen Auskunfts­an­spruchs Einsicht in das 2009 fertiggestellte Gutachten zu gewähren, entsprach das Ministerium nur unter Schwärzung von Teilen des Gutachtens, soweit sie perso­nen­be­zogene Daten betrafen.

OVG Münster: Einsicht bei noch lebenden Personen nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich

Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Oberver­wal­tungs­gericht teilweise Erfolg: Soweit sich die im Gutachten enthaltenen Informationen auf noch lebende Personen bezögen, komme eine Einsicht wegen der Schutzwürdigkeit perso­nen­be­zogener Daten nur bei Einwilligung der Betroffenen in Betracht. Das Ministerium sei zu einer entsprechenden Nachfrage verpflichtet. Hinsichtlich der bereits verstorbenen ehemaligen Bediensteten sei Einsicht in das Gutachten zu gewähren, soweit diese Personen darin als 'deutlich kritikwürdig' oder 'nicht ehrwürdig' bezeichnet würden oder ihr Todeszeitpunkt mindestens drei Jahre zurückliege.

BVerwG: Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Presse hat Vorrang bei bereits verstorbenen Mitarbeitern

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Ergebnis bestätigt, soweit sie die noch lebenden ehemaligen Mitarbeiter betrifft. Vorbehaltlich einer Einwilligung der Betroffenen steht der Schutz perso­nen­be­zogener Daten der Einsicht auf der Grundlage des Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­ge­setzes zwingend entgegen. Soweit nach den beamten­recht­lichen Vorschriften die vom Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung grundsätzlich geforderte Vertraulichkeit der Perso­na­l­ak­tendaten zum Schutz höherrangiger Interessen ausnahmsweise durchbrochen und Einsicht gewährt werden kann, kommt hier dem Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Presse kein Vorrang zu. Demgegenüber geht dieses Interesse vor, soweit im Gutachten die Lebensläufe bereits verstorbener Mitarbeiter behandelt werden. Der postmortale Persön­lich­keits­schutz gebietet auch bei Würdigung der Belange der Hinterbliebenen nicht, den Zugang zu diesen Unterlagen während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Tod zu sperren.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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