18.10.2024
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Dokument-Nr. 31677

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Bundesverwaltungsgericht Urteil06.04.2022

Kein Ausschluss von der Pedelec-Förderung wegen Verweigerung einer Distanzierung von ScientologyAusschluss von Förderung stellt Verstoß gegen Religions- und Welt­anschauungs­freiheit dar

Eine Gemeinde darf die Bewilligung einer finanziellen Zuwendung, mit der umwelt­po­li­tische Zielsetzungen verfolgt werden, nicht davon abhängig machen, dass Antragsteller eine Erklärung zur Distanzierung von der Scientology-Organisation abgeben. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Im hier vorliegenden Fall beantragte die Klägerin eine Zuwendung zum Erwerb eines Pedelecs nach der "Förder­richtlinie Elektro­mo­bilität" der beklagten Landes­hauptstadt München. Dabei gab sie die im Antragsformular enthaltene "Schutzerklärung in Bezug auf die Lehre von L. Ron Hubbard/Scientology" nicht ab. Damit erklärt der Zuwen­dungs­emp­fänger, die Lehre von Scientology nicht anzuwenden, nicht zu verbreiten und auch keine Kurse oder Seminare der Organisation zu besuchen. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Verweis auf die fehlende Erklärung ab. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag eine Förderzusage zu erteilen.

BVerwG: Ausschluss von der Förderung verletzt Religions- und Weltan­schau­ungs­freiheit

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Berufungsurteil bestätigt. Die Beklagte darf die Förderung nicht von der Abgabe der Schutzerklärung abhängig machen. Erklärungen zur Weltanschauung einzufordern, ist keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, so dass es bereits an einer Zuständigkeit der Beklagten fehlt. Wird eine solche Erklärung verlangt und an deren Verweigerung der Ausschluss von der Förderung geknüpft, greift dies gezielt in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Religions- und Weltan­schau­ungs­freiheit ein. Der Eingriff ist schon mangels einer gesetzlichen Grundlage verfas­sungs­widrig.

Auch Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Schließlich verstößt die Vorgehensweise der Beklagten gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie stellt eine unzulässige Differenzierung dar, weil sie den Kreis der Förder­be­rech­tigten nicht sachgerecht abgrenzt, sondern nach Kriterien, die mit dem Förderzweck in keinem Zusammenhang stehen. Da alle sonstigen Voraussetzungen der Förderung erfüllt sind, ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine entsprechende Zusage zu erteilen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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