18.10.2024
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Dokument-Nr. 33106

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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.07.2023

BVerwG: § 13 b BauGB nicht mit Europarecht vereinbarFreiflächen außerhalb des Siedlungs­be­reichs dürfen nicht ohne Umweltprüfung überplant werden

Freiflächen außerhalb des Siedlungs­be­reichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13 b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der Antragsteller, eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umwelt­ver­ei­nigung, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungs­recht­lichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13 b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat den Normen­kon­trol­lantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13 b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen lägen vor.

Keine typisierenden Betrach­tungsweise oder Pauschalierung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Plan leidet an einem beachtlichen Verfah­rens­fehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er ist zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13 b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umwelt­aus­wir­kungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzel­fa­ll­prüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber hat sich in § 13 b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese muss nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umwelt­aus­wir­kungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrach­tungsweise oder Pauschalierung begnügen.

§ 13 b BauGB wegen Vorrang des Unionsrechts nicht anwendbar

Diesem eindeutigen und strengen Maßstab wird § 13 b Satz 1 BauGB nicht gerecht. Anders als bei Bebauungsplänen der Innen­ent­wicklung nach § 13 a BauGB, die der Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des Siedlungs­be­reichs entgegenwirken sollen, erlaubt § 13 b BauGB gerade die Überplanung solcher Flächen. Die Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen des § 13 b Satz 1 BauGB – Flächen­be­grenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – sind nicht geeignet, erhebliche Umwelt­ein­wir­kungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen. Das gilt schon wegen der ganz unter­schied­lichen bisherigen Nutzung der potenziell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit. § 13 b BauGB darf daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden. Die Antragsgegnerin hätte somit nach den Vorschriften für das Regelverfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung durchführen sowie einen Umweltbericht erstellen und der Begründung des Bebauungsplans beifügen müssen. Dieser beachtliche, vom Antragsteller fristgerecht (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gerügte, Verfah­rens­mangel hat die Gesam­tun­wirk­samkeit des Bebauungsplans zur Folge.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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