Bundesverwaltungsgericht Urteil18.07.2023
BVerwG: § 13 b BauGB nicht mit Europarecht vereinbarFreiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs dürfen nicht ohne Umweltprüfung überplant werden
Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13 b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Der Antragsteller, eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13 b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13 b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor.
Keine typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Plan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er ist zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13 b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber hat sich in § 13 b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese muss nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen.
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§ 13 b BauGB wegen Vorrang des Unionsrechts nicht anwendbar
Diesem eindeutigen und strengen Maßstab wird § 13 b Satz 1 BauGB nicht gerecht. Anders als bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13 a BauGB, die der Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des Siedlungsbereichs entgegenwirken sollen, erlaubt § 13 b BauGB gerade die Überplanung solcher Flächen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 b Satz 1 BauGB – Flächenbegrenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – sind nicht geeignet, erhebliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen. Das gilt schon wegen der ganz unterschiedlichen bisherigen Nutzung der potenziell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit. § 13 b BauGB darf daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden. Die Antragsgegnerin hätte somit nach den Vorschriften für das Regelverfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung durchführen sowie einen Umweltbericht erstellen und der Begründung des Bebauungsplans beifügen müssen. Dieser beachtliche, vom Antragsteller fristgerecht (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gerügte, Verfahrensmangel hat die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.07.2023
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)