23.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 31112

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Bundesverwaltungsgericht Urteil25.11.2021

Familien­flüchtlings­schutz für subsidiär schutz­be­rechtigte Angehörige der KernfamilieZeitpunkt bei Stellung des Asylantrags des Minderjährigen maßgebend

Der subsidiäre Schutzstatus von Eltern und Geschwistern eines minderjährigen Flüchtlings hindert nicht die Zuerkennung von Familien­flüchtlings­schutz; ist der Flüchtling im Laufe des Verfahrens volljährig geworden, müssen sowohl die Familien­an­ge­hörigen als auch das Kind ihr Asylgesuch noch vor dessen Volljährigkeit geäußert haben. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die Kläger, syrische Staats­an­ge­hörige, sind die Eltern bzw. Geschwister eines inzwischen volljährigen Flüchtlings (Stamm­be­rechtigte). Die gesamte Familie einschließlich der Stamm­be­rech­tigten hatte in Deutschland um Asyl nachgesucht, als die Stamm­be­rechtigte noch minderjährig war. Die Kläger erhielten vom Bundesamt unter Ablehnung ihrer Asylanträge im Übrigen subsidiären Schutz. Der Stamm­be­rech­tigten war danach, aber nach Erreichen der Volljährigkeit der Flücht­lings­status zuerkannt worden. Die Klage der Kläger auf Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

BVerwG: Anspruch auf Anerkennung nach nationalem Recht

Der 1. Revisionssenat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hat die Beklagte verpflichtet, den Klägern in Anknüpfung an den Flücht­lings­status der Stamm­be­rech­tigten nach § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 bzw. Satz 2 AsylG den Flücht­lings­status zuzuerkennen. Art. 23 Abs. 2 RL 2011/95/EU schreibt eine Erstreckung des internationalen Schutzes auf die Familien­an­ge­hörigen kraft Ableitung von einer Person, welcher die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt worden ist, nicht vor. § 26 Abs. 3 i.V.m. 5 AsylG setzt nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers mit der Zuerkennung des von einem schutz­be­rech­tigten Familien­an­ge­hörigen abgeleiteten internationalen Famili­en­schutzes das Schutzziel der Wahrung des Famili­en­ver­bandes (vgl. Art. 2 Buchst. j i.V.m. Art. 23 Abs. 2 RL 2011/95/EU) um. Diese Statu­ser­streckung ist als günstigere nationale Regelung, die Art. 3 RL 2011/95/EU den Mitgliedstaaten erlaubt, zulässig. Denn sie steht mit der allgemeinen Systematik und den Zielen der Richtlinie im Einklang.

Nationalen Recht dient Wahrung des Famili­en­verbands

Die von § 26 Abs. 3 Satz 1 und 2 AsylG erfassten Angehörigen der Kernfamilie des Schutz­be­rech­tigten befinden sich regelmäßig in einer Situation, die, sofern die Ableitung mit dem Ziel der Wahrung des Famili­en­verbands begehrt wird, einen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweist. Mit der Zuerkennung subsidiären Schutzes aus eigenem Recht wird die Wahrung des Famili­en­verbands bereits ermöglicht, aber keine bessere Rechtsstellung als durch den vom Stamm­be­rech­tigten abgeleiteten Flücht­lings­status geschaffen. Das Ziel der Richtlinie, die Einheit der Kernfamilie zu festigen, wird vielmehr durch die im nationalen Recht vorgesehene Angleichung des Schutzstatus ebenso in besonderer Weise bekräftigt wie durch die Erstreckung auch auf Geschwis­ter­kinder.

Zeitpunkt des Asylantrags des Minderjährigen maßgebend

Der für die Beurteilung der Minder­jäh­rigkeit des stamm­be­rech­tigten Flüchtlings maßgebliche Zeitpunkt ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dahin geklärt, dass es ausreicht, wenn dieser sowohl bei Stellung seines eigenen Asylantrags als auch in dem Zeitpunkt, in dem die Eltern (bzw. Geschwister) ihren Antrag gestellt haben, noch minderjährig war. Entscheidend ist hiernach der Zeitpunkt des Asylgesuchs, nicht der des förmlichen Asylantrags. Diese Auslegung des Art. 2 Buchst. j RL 2011/95/EU ist mit Blick auf das Gebot der unions­rechts­kon­formen Auslegung des nationalen Rechts auch für § 26 Abs. 5 i.V.m. 3 AsylG maßgeblich. Entsprechendes gilt für die Merkmale der Ledigkeit und des Innehabens der Personensorge.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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