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Bundesverfassungsgericht Beschluss07.08.2024
Verfassungsbeschwerde gegen die Besetzung der OVG-Präsidentenstelle in Nordrhein-Westfalen teilweise erfolgreichBVerfG verlangt genaue Aufklärung im Streit um OVG-Präsidentenstelle
Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde eines Bewerbers für die Stelle des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen teilweise stattgegeben.
Der Beschwerdeführer ist Bundesrichter und hatte sich erfolglos für die Stelle des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts beworben. Das von ihm angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Besetzung der Stelle mit einer anderen Bewerberin ist vor dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Hiergegen macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass die Auswahlentscheidung des nordrhein-westfälischen Ministers der Justiz ihn in seinem Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG) verletze. Insbesondere sei sie nicht nach einer Bestenauswahl, sondern im Wege einer politischen Vorfestlegung zugunsten der Mitbewerberin aufgrund deren Geschlechts getroffen worden. Bereits bevor eine dienstliche Beurteilung der Mitbewerberin vorgelegen habe, habe der Minister in einem persönlichen Gespräch mit dem Beschwerdeführer von einem „Vorsprung“ der Mitbewerberin gesprochen und ihm nahegelegt, seine Bewerbung zurückzuziehen. Trotz seiner eidesstattlichen Versicherung dieser Vorgänge habe das Oberverwaltungsgericht diese Umstände des Auswahlverfahrens unaufgeklärt gelassen.
Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt
Die angegriffene Entscheidung des OVG verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG. Insoweit hat die Verfassungsbeschwerde Erfolg und führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das OVG. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daher muss das Auswahlverfahren so organisiert sein, dass es sich dafür eignet, den fachlich besten Bewerber zu ermitteln und nicht sachlich begründete Vorfestlegungen zu vermeiden. Werden im gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung einer Auswahlentscheidung Umstände vorgetragen, die auf eine Vorfestlegung anhand anderer, sachwidriger Kriterien hindeuten, müssen die Gerichte diese Umstände zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG aufklären und nachvollziehbar würdigen.
OVG hätte den Sachverhalt besser ermitteln müssen
Dem wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Der Beschwerdeführer hat auf eine sachwidrige Vorfestlegung hindeutende Umstände an Eides statt versichert, insbesondere eine noch vor dem Vorliegen der dienstlichen Beurteilung der Mitbewerberin gefallene Äußerung des Ministers zu einem „Vorsprung“ der Mitbewerberin. Gleichwohl hat das OVG mit einer verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Begründung angenommen, es gebe keinen tauglichen Ansatzpunkt für die Annahme einer Voreingenommenheit des Ministers, sodass eine weitere Sachaufklärung unterbleiben könne. Indem es lediglich darauf verwiesen hat, die behauptete Äußerung des Ministers könne ohne Weiteres auf einer zulässigen bloßen Voreinschätzung beruhen, es aber vermieden hat, sich insoweit eine eigene Überzeugung von dem tatsächlich zugrundeliegenden Sachverhalt zu bilden und diesen erforderlichenfalls zunächst weiter aufzuklären, hat es den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
OVG Münster wieder am Zug
Die Sache wird daher an das OVG zurückverwiesen. Dieses wird zu klären haben, ob tatsächlich eine unzulässige Vorfestlegung des Ministers gegeben war. Denn die Aufklärung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung sind Aufgabe der Fachgerichte, nicht des Bundesverfassungsgerichts. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen weitere Mängel des Auswahlverfahrens und die Begründung der Auswahl zwischen den Bewerbern richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer hat einen Verfassungsverstoß insoweit nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.09.2024
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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