21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss19.10.2006

Untersagung der Annahme und Vermittlung von Sportwetten durch private Betreiber verfas­sungsgemäßGrundrechte nicht verletzt

Ein Betreiber einer bayerischen Gaststätte, der in seinem Lokal ein Wettbüro als privater Wettunternehmer und Wettvermittler unterhielt, ist mit seiner Verfas­sungs­be­schwerde gescheitert. Er hatte sich gegen die Anordnung der sofortigen Einstellung des Betriebs gewandt. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht sah keine Verletzung von Grundrechten und nahm die Verfas­sungs­be­schwerde erst gar nicht zur Entscheidung an.

Der Beschwer­de­führer betreibt in seiner Gaststätte in Bayern ein Wettbüro als privater Wettunternehmer und Wettvermittler. Unter Anordnung des sofortigen Vollzugs untersagte ihm das Landratsamt diese Tätigkeit und ordnete die Einstellung des Betriebs an. Rechtsmittel des Beschwer­de­führers gegen den Sofortvollzug blieben vor dem Verwal­tungs­gericht und dem Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof ohne Erfolg (Sofortiges Verbot privater Sportwetten in Bayern bestätigt). Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die gegen die verwal­tungs­ge­richt­lichen Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwal­tungs­ge­richts und des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs entziehen den Beschwer­de­führer nicht seinem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich keine Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG besteht, haben die Gerichte eine Pflicht zur Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH verneint. Entgegen der Auffassung des Beschwer­de­führers beruht die Entscheidung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs auch nicht auf der Annahme, das primäre Gemeinschaftsrecht sei für eine Übergangszeit in Bayern nicht anwendbar. Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof stellt ausdrücklich fest, dass die derzeitige bayerische Rechtslage und Praxis den vom EuGH aufgestellten Anforderungen an eine zulässige Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gerecht werde, und begründet diese Auffassung ausführlich.

2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwer­de­führer auch nicht in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Durch die im Ergebnis zu Lasten des Beschwer­de­führers ausfallende Inter­es­se­n­ab­wägung wird dem Beschwer­de­führer effektiver Rechtsschutz nicht versagt. Nach den vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht im Urteil vom 28. März 2006 zum staatlichen Wettmonopol formulierten verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen bleibt die bisherige Rechtslage mit der Maßgabe anwendbar, dass das gewerbliche Vermitteln von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungs­rechtlich unterbunden werden darf, sofern der Freistaat Bayern unverzüglich damit beginnt, das bestehende staatliche Sport­wet­ten­monopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettlei­den­schaft und der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten. Nicht zu beanstanden ist die Annahme der Verwal­tungs­ge­richte, der Freistaat Bayern habe bereits entsprechend den Vorgaben dieses Urteils ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettlei­den­schaft einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits hergestellt. Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof legt ausführlich und unter Angabe zahlreicher Belege dar, welche Maßnahmen der Freistaat Bayern auf dieser Grundlage ergriffen hat, und erwähnt hier die Einschränkung der Werbung, die aktive Aufklärung über die Gefahren des Wettens, die Einführung einer Kundenkarte, den Ausschluss Minderjähriger und Angebote zur Suchtprävention. Soweit der Beschwer­de­führer Defizite dieser Maßnahmen bemängelt, übersieht er, dass für die derzeitige Überg­angs­si­tuation nur ein Mindestmaß an Konsistenz verlangt ist.

3. Da die Vermittlung von Sportwetten in der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung als ordnungs­rechtlich verboten angesehen werden darf, stellt ihre Untersagung auch einen zulässigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 103/06 des BVerfG vom 31.10.2006

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