15.11.2024
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Dokument-Nr. 17317

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Beschluss06.12.2013Bundesverfassungsgericht2 BvQ 55/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JuS 2014, 381 (Michael Sachs)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2014, Seite: 381, Entscheidungsbesprechung von Michael Sachs
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Bundesverfassungsgericht Beschluss06.12.2013

Eilantrag gegen SPD-Mitglie­de­r­ent­scheid über die Große Koalition erfolglosVerfassungs­beschwerde unzulässig - SPD übt mit Durchführung einer Abstimmung über einen Koali­ti­o­ns­vertrag keine öffentliche Gewalt aus

Das Bundes­verfassungs­gericht hat den Antrag, der SPD im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Abstimmung ihrer Mitglieder über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchzuführen, abgelehnt. Der Antrag war abzulehnen, weil eine diese Abstimmung beanstandende Verfassungs­beschwerde unzulässig wäre.

Im Wege der Verfassungsbeschwerde können nur Akte der öffentlichen Gewalt angegriffen werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). An einem solchen Akt fehlt es hier. Mit der Durchführung einer Abstimmung über einen Koali­ti­o­ns­vertrag unter ihren Mitgliedern übt die SPD keine öffentliche Gewalt aus. Öffentliche Gewalt ist vornehmlich der Staat in seiner Einheit, repräsentiert durch irgendein Organ. Parteien sind nicht Teil des Staates. Sie wirken in den Bereich der Staatlichkeit lediglich hinein, ohne ihm anzugehören.

Abschluss einer Koali­ti­o­ns­ver­ein­barung kann nicht als staatliches Handeln qualifiziert werden

Der Abschluss einer Koali­ti­o­ns­ver­ein­barung zwischen politischen Parteien und die ihm vorangehende oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung wirken nicht unmittelbar und dergestalt in die staatliche Sphäre hinein, dass sie als staatliches Handeln qualifiziert werden könnten. Koali­ti­o­ns­ver­ein­ba­rungen bedürfen vielmehr weiterer und fortlaufender Umsetzung durch die regelmäßig in Fraktionen zusam­men­ge­schlossenen Abgeordneten des Deutschen Bundestages.

Politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfas­sungs­rechtlich erlaubt und gewollt

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfas­sungs­rechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die von Abgeordneten - in Ausübung des freien Mandats - gebildeten Fraktionen sind notwendige Einrichtungen des Verfas­sungs­lebens. Im organi­sa­to­rischen Zusammenschluss geht die Freiheit und Gleichheit des Abgeordneten nicht verloren. Sie bleibt innerhalb der Fraktion bei Abstimmungen und bei einzelnen Abweichungen von der Frakti­o­ns­dis­ziplin erhalten und setzt sich im Anspruch der Fraktion auf proportionale Beteiligung an der parla­men­ta­rischen Willensbildung fort.

Besondere Verpflichtungen für betroffene Abgeordnete hinsichtlich der Abstimmung nicht erkennbar

Wie die politischen Parteien diesen parla­men­ta­rischen Willens­bil­dungs­prozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der - jedenfalls hier - nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Partei­en­ge­setzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung. Es ist nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller beanstandete Abstimmung für die betroffenen Abgeordneten Verpflichtungen begründen könnte, die über die mit der Frakti­o­ns­dis­ziplin verbundenen hinausgingen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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