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- JuS 2014, 381 (Michael Sachs)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2014, Seite: 381, Entscheidungsbesprechung von Michael Sachs
Bundesverfassungsgericht Beschluss06.12.2013
Eilantrag gegen SPD-Mitgliederentscheid über die Große Koalition erfolglosVerfassungsbeschwerde unzulässig - SPD übt mit Durchführung einer Abstimmung über einen Koalitionsvertrag keine öffentliche Gewalt aus
Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag, der SPD im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Abstimmung ihrer Mitglieder über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchzuführen, abgelehnt. Der Antrag war abzulehnen, weil eine diese Abstimmung beanstandende Verfassungsbeschwerde unzulässig wäre.
Im Wege der Verfassungsbeschwerde können nur Akte der öffentlichen Gewalt angegriffen werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). An einem solchen Akt fehlt es hier. Mit der Durchführung einer Abstimmung über einen Koalitionsvertrag unter ihren Mitgliedern übt die SPD keine öffentliche Gewalt aus. Öffentliche Gewalt ist vornehmlich der Staat in seiner Einheit, repräsentiert durch irgendein Organ. Parteien sind nicht Teil des Staates. Sie wirken in den Bereich der Staatlichkeit lediglich hinein, ohne ihm anzugehören.
Abschluss einer Koalitionsvereinbarung kann nicht als staatliches Handeln qualifiziert werden
Der Abschluss einer Koalitionsvereinbarung zwischen politischen Parteien und die ihm vorangehende oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung wirken nicht unmittelbar und dergestalt in die staatliche Sphäre hinein, dass sie als staatliches Handeln qualifiziert werden könnten. Koalitionsvereinbarungen bedürfen vielmehr weiterer und fortlaufender Umsetzung durch die regelmäßig in Fraktionen zusammengeschlossenen Abgeordneten des Deutschen Bundestages.
Politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die von Abgeordneten - in Ausübung des freien Mandats - gebildeten Fraktionen sind notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens. Im organisatorischen Zusammenschluss geht die Freiheit und Gleichheit des Abgeordneten nicht verloren. Sie bleibt innerhalb der Fraktion bei Abstimmungen und bei einzelnen Abweichungen von der Fraktionsdisziplin erhalten und setzt sich im Anspruch der Fraktion auf proportionale Beteiligung an der parlamentarischen Willensbildung fort.
Besondere Verpflichtungen für betroffene Abgeordnete hinsichtlich der Abstimmung nicht erkennbar
Wie die politischen Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der - jedenfalls hier - nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Parteiengesetzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung. Es ist nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller beanstandete Abstimmung für die betroffenen Abgeordneten Verpflichtungen begründen könnte, die über die mit der Fraktionsdisziplin verbundenen hinausgingen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.12.2013
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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