23.11.2024
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Dokument-Nr. 12820

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Beschluss08.12.2011Bundesverfassungsgericht1 BvR 927/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2012, 756Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 756
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Bundesverfassungsgericht Beschluss08.12.2011

Zeitschrift "Bunte" durfte über Urlaubsort von Caroline von Hannover schreibenZivil­ge­richtliche Untersagung der Wortbe­rich­t­er­stattung über eine Prominente eingebunden in einen Landschafts­bericht ist verfas­sungs­widrig

Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht bietet im Bereich der Wortbe­rich­t­er­stattung keinen so weitreichenden Schutz wie bei der Veröf­fent­lichung von Bildern. Es schützt nicht schon davor, überhaupt in einem Bericht indivi­du­a­li­sierend benannt zu werden, sondern bietet nur in spezifischen Hinsichten Schutz, wobei es vor allem auf den Inhalt der Berich­t­er­stattung ankommt. Dies geht aus einem Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hervor.

Die Beschwer­de­führerin ist Verlegerin der Zeitschrift „Bunte“. Im Reiseteil dieser Zeitschrift hatte sie im Jahre 2007 einen Artikel über die Skiregion Arlberg veröffentlicht, der eine Landschafts­be­schreibung enthält und über die Hotels und deren Eigentümer sowie über die große Zahl prominenter Personen berichtet, die hier ihren Urlaub verbracht haben oder regelmäßig verbringen. In diesem Zusammenhang findet auch die Klägerin des Ausgangs­ver­fahrens, Prinzessin Caroline von Hannover, Erwähnung, die „jedes Jahr in Zürs Ski - meist mit Familie“ fahre, sich unauffällig gebe und deshalb ihre Skier selbst trage. Ferner berichtet der Artikel über das Mittagsbüffet auf der Terrasse eines bestimmten Hotels, zu dem auch die „unauffällig auftretende Caroline im Skianzug“ anzutreffen sei.

Die Klage auf Unterlassung dieser die Klägerin betreffenden Textver­öf­fent­li­chungen war in beiden Instanzen erfolgreich. Die Beschwer­de­führerin sieht sich durch die zivilrechtliche Untersagung der Wortberichterstattung in ihrem Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit verletzt.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat die angegriffenen Entscheidungen aufgehoben, weil sie die Beschwer­de­führerin in ihrem Grundrecht auf Meinungs­freiheit verletzen, und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Verfas­sungs­be­schwerde ist begründet

Die Verfas­sungs­be­schwerde ist begründet. Die streit­ge­gen­ständ­lichen Äußerungen fallen als Werturteile und Tatsa­chen­be­haup­tungen über die Klägerin in den Schutzbereich der Meinungs­freiheit. Diese ist zwar nicht vorbehaltlos gewährt, sondern findet ihre Grenze unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Bei Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Zivilrechts haben die Fachgerichte jedoch Bedeutung und Tragweite der Meinungs­freiheit verkannt, indem sie diese im Rahmen der gebotenen Abwägung gegenüber den Persön­lich­keits­be­langen der Klägerin haben zurücktreten lassen.

Im Bereich der Wortbe­rich­t­er­stattung ist das allgemeine Persön­lich­keitsrecht Prominenter nicht sehr weitreichend

Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht bietet im Bereich der Wortbe­rich­t­er­stattung keinen so weitreichenden Schutz wie bei der Veröf­fent­lichung von Bildern. Es schützt nicht schon davor, überhaupt in einem Bericht indivi­du­a­li­sierend benannt zu werden, sondern bietet nur in spezifischen Hinsichten Schutz, wobei es vor allem auf den Inhalt der Berich­t­er­stattung ankommt. Insoweit schützt das allgemeine Persön­lich­keitsrecht freilich auch vor einer Beein­träch­tigung der Privat- oder Intimsphäre sowie vor herabsetzenden, vor allem ehrverletzenden Äußerungen. Außer unter dem Gesichtspunkt des Schutzes am gesprochenen Wort bietet das allgemeine Persön­lich­keitsrecht aber keinen Schutz vor perso­nen­be­zogenen Äußerungen unabhängig von ihrem Inhalt.

Nach diesen Maßstäben haben die angegriffenen Entscheidungen verfas­sungs­rechtlich keinen Bestand, weil sie dem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht der Klägerin gegenüber der Meinungs­freiheit der Beschwer­de­führerin ein übermäßiges Gewicht einräumen.

Strittige Äußerungen waren nicht Schwerpunkt des Artikels

Zum einen berücksichtigen sie nicht hinreichend, dass die streit­ge­gen­ständ­lichen Äußerungen nicht den Schwerpunkt des Artikels bildeten, sondern ihnen nur eine illustrierende Bedeutung im Rahmen eines allgemeinen Berichts über das Skigebiet Arlberg und sein Publikum zukam. Im Rahmen eines solchen Berichts kann ein Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse daran, dass die Anziehungskraft der Gegend auf Prominente auch konkretisierend mitgeteilt wird, nicht ohne weiteres verneint werden, zumal dadurch - im Hinblick auf die Leitbild­funktion Prominenter - für die Leserschaft die Frage nach Art und Ort der eigenen Urlaubs­ge­staltung angesprochen und damit Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte gegeben wird. Zum anderen sehen die Fachgerichte schon darin den maßgeblichen Grund für das Überwiegen des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts der Klägerin, dass der Bericht überhaupt Informationen über ihren Urlaub enthält. Damit versäumen sie, den Bericht als Ganzen zu betrachten, der die Klägerin und ihre Urlaubs­ge­wohn­heiten nur am Rande erwähnt. Die ihre Person betreffenden knappen Textpassagen berühren auch nicht ihre Intimsphäre, sondern allein ihre äußere Privatsphäre. Dabei beschränken sich die weder ehrenrührigen noch inhaltlich bestrittenen Informationen im Wesentlichen auf Äußerlichkeiten, ohne hierbei konkrete Details zu Urlaubsort und -zeit der Klägerin zu offenbaren.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht (pm/pt)

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