18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.08.2019

Bundes­verfassungs­gericht bestätigt Hausverbot einer privaten Hotel­be­treiberin gegenüber einem Partei­funk­tionär der NPDKeine Verletzung des Diskri­mi­nierungs­verbots aufgrund politischer Überzeugung durch das Hausverbot

Das Bundes­verfassungs­gericht hat eine Verfassungs­beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, bei der der Beschwer­de­führer eine Verletzung des Diskri­mi­nierungs­verbots geltend macht, weil ihm von einer privaten Hotel­be­treiberin ein Hausverbot aufgrund seiner politischen Überzeugung erteilt und dies letzt­in­sta­nzlich vom Bundes­ge­richtshof bestätigt worden war. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch im Wege der mittelbaren Drittwirkung kein allgemeiner Grundsatz, wonach auch private Rechts­be­zie­hungen prinzipiell gleich­heits­gerecht ausgestaltet werden müssten. Eine spezifische Konstellation, bei der eine weitergehende Bindung privater Vertragspartner eintreten könnte, liegt bei einer privaten Hotelbuchung nicht vor. Auch aus den Diskri­mi­nierungs­verboten aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ergibt sich hier nichts anderes.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwer­de­führer war von März 1996 bis November 2011 Bundes­vor­sit­zender der Natio­na­l­de­mo­kra­tischen Partei Deutschlands (NPD). Die Ehefrau des Beschwer­de­führers buchte für Dezember 2009 einen viertägigen Aufenthalt in einem Wellnesshotel. Nachdem die Buchung zunächst bestätigt wurde, teilte die Hotel­be­treiberin schriftlich mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel nicht möglich sei. Stattdessen bot sie alternative Unter­brin­gungs­mög­lich­keiten oder eine kostenlose Stornierung an. Auf Nachfrage erteilte die Hotel­be­treiberin dem Beschwer­de­führer sodann ein Hausverbot und begründete dies damit, dass die politische Überzeugung des Beschwer­de­führers nicht mit dem Ziel der Hotels vereinbar sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfüh­ler­lebnis zu bieten.

BGH bestätigte das in die Zukunft gerichtete Hausverbot der Hotel­be­treiberin

Die von dem Beschwer­de­führer erhobene auf den Widerruf des Hausverbots gerichtete Klage blieb vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) und dem Branden­bur­gischen Oberlan­des­gericht erfolglos. Der Bundes­ge­richtshof gab der Klage insoweit statt, als es den schon vertraglich vereinbarten Zeitraum betraf, bestätigte aber das in die Zukunft gerichtete Hausverbot der Hotel­be­treiberin. Hiergegen richtet sich die Verfas­sungs­be­schwerde.

BVerfG verneint Verletzung des allgemeinen Gleich­heits­satzes

Die Verfas­sungs­be­schwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sei aus Sicht der Verfas­sungs­richter unbegründet, denn die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwer­de­führer nicht in seinen Grundrechten. Der Erste Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts habe in seinem Beschluss vom 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - die Reichweite der Ausstrah­lungs­wirkung der Grundrechte in das Zivilrecht in Blick auf ein Hausverbot weitgehend geklärt. Ausgehend von diesen Grundsätzen entfalte der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der vorliegenden Konstellation keine Drittwirkung zugunsten des Beschwer­de­führers.

Gleich­heits­rechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten können nur für spezifische Konstellationen ergeben

Art. 3 Abs. 1 GG enthalte kein objektives Verfas­sungs­prinzip, so das Bundes­ver­fas­sungs­gericht, wonach die Rechts­be­zie­hungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleich­heits­gerecht zu gestalten wären. Dahingehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung. Grundsätzlich gehöre es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von ihrem Eigentum Gebrauch machen will. Gleich­heits­rechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nur für spezifische Konstellationen ergeben, so unter Umständen bei einem einseitigen, auf das Hausrecht gestützten Ausschluss von privaten Großver­an­stal­tungen oder bei einer aus struktureller Überlegenheit resultierenden Entschei­dungsmacht eines Vertrags­partners.

Spezifische Konstellation liegt nicht vor

Eine solche spezifische Konstellation liege nach Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hier nicht vor. Weder handele es sich bei einem Besuch in einem Wellness-Hotel um eine Veranstaltung, die in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesell­schaft­lichen Leben entscheidet, noch habe die Hotel­be­treiberin eine Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit. Sie betreibe nur eines von mehreren Hotels im Ort Bad Saarow.

Auch in Blick auf die speziellen Gleich­heits­rechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ergebe sich keine Grund­rechts­ver­letzung des Beschwer­de­führers. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG sehe vor, dass niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Allerdings ist noch nicht geklärt, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die verschiedenen speziellen Gleich­heits­rechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG Drittwirkung entfalten können. Der vorliegende Fall biete hierzu aber keine Veranlassung. Denn auch wenn sich aus dieser Vorschrift insoweit möglicherweise weiterreichende und strengere Bindungen als aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sollten, könne das jedenfalls für das hier allein in Frage stehende Merkmal der politischen Anschauungen nicht bedeuten, dass zwischen Privaten diesbezüglich ein absolutes Unter­schei­dungs­verbot gelten könnte, sondern bedürfe es eines Ausgleichs mit entge­gen­ste­henden Freiheits­rechten. Dass dieser hier zu Gunsten des Beschwer­de­führers ausgehen müsste, sei nach den vom Bundes­ge­richtshof zu Grunde gelegten konkreten Umständen nicht ersichtlich.

Hausverbot beeinträchtigt nur die Freizeit­ge­staltung

Der Beschwer­de­führer werde durch das in die Zukunft gerichtete Hausverbot lediglich in seiner Freizeit­ge­staltung beeinträchtigt. Auch wurde dem Beschwer­de­führer das Hausverbot vorab schriftlich und nicht etwa erst bei der Ankunft in dem Hotel mitgeteilt. Die Mitteilung sei deshalb nicht mit einer öffentlichen Bloßstellung und Stigmatisierung verbunden gewesen. Der Beschwer­de­führer müsse nach dem teilweise stattgebenden Urteil des Bundes­ge­richtshofs auch lediglich für die Zukunft hinnehmen, in dem hier in Frage stehenden Hotel nicht willkommen zu sein. Dabei gebe es in der Umgebung eine Vielfalt anderer Hotels, um die sich der Beschwer­de­führer bemühen kann. Dass er insoweit auf grundsätzliche Schwierigkeiten stöße und er aufgrund seiner politischen Überzeugung boykottiert oder vom öffentlichen Leben ausgeschlossen wäre, sei nach den fachge­richt­lichen Feststellungen nicht ersichtlich. Dem Beschwer­de­führer seien vielmehr ausdrücklich Beher­ber­gung­s­al­ter­nativen in der Umgebung angeboten worden.

Hotel­be­treiberin kann sich auf Hausrecht und unter­neh­me­rische Berufsfreiheit berufen

Auf Seiten der Hotel­be­treiberin verweist der Bundes­ge­richtshof auf das durch die Eigen­tums­ga­rantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Hausrecht sowie die unter­neh­me­rische Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei führt er aus, dass sie ein Geschäfts­konzept verfolge, bei dem die Erholung und Freizeit­ge­staltung der Gäste im Mittelpunkt stehe, und sie als Hotel­be­treiberin befürchten müsse, dass sich andere Hotelgäste durch die Konfrontation mit dem Beschwer­de­führer aufgrund der von ihm kurz zuvor in die Öffentlichkeit getragenen politischen Überzeugungen gestört fühlen würden, weil sich der Beschwer­de­führer durch polarisierende politische Äußerungen im Zeitraum vor der Verhängung des Hausverbots in besonderer Weise in die Öffentlichkeit begeben hatte. Die Hotel­be­treiberin hätte sich mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit Beschwerden, Protesten, Spannungen im Betriebsablauf und gegebenenfalls auch Stornierungen ausgesetzt gesehen, wenn sie den Beschwer­de­führer aufgenommen hätte. Angesichts dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung den Beschwer­de­führer in seinen Grundrechten verletzt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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