18.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
18.01.2025  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss28.07.2014

Auch überspitzte Äußerungen fallen in der Regel in Schutzbereich der Meinungs­freiheitMögliche Ausnahmen bestehen nur bei Äußerungen mit gezielter Herabsetzung einer Person

Auch überspitzte Kritik fällt grundsätzlich in den Schutzbereich der Meinungs­freiheit. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht und bekräftigte die verfassungs­rechtlichen Maßstäbe zur sogenannten Schmähkritik. Selbst eine überzogene oder ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Vielmehr muss hinzutreten, dass bei der Äußerung nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Herabsetzung einer Person im Vordergrund steht. Nur dann kann ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls verzichtet werden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Amtsgericht wies eine Schaden­s­er­satzklage des Beschwer­de­führers ab; die Berufung gegen dieses Urteil blieb ohne Erfolg. Der Beschwer­de­führer erhob eine Dienst­auf­sichts­be­schwerde gegen die zuständige Richterin des Amtsgerichts, in der er unter anderem ausführte, er protestiere "gegen das schäbige, rechtswidrige und eines Richters unwürdige Verhalten der Richterin" und meinte, "sie müsse effizient bestraft werden um zu verhindern, dass diese Richterin nicht auf eine schiefe Bahn gerät".

Verfahrensgang

Das Amtsgericht verurteilte den Beschwer­de­führer aufgrund dieser Äußerungen wegen Beleidigung gemäß § 185 des Straf­ge­setz­buches (StGB) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 Euro. Im Berufungs­ver­fahren sprach das Landgericht den Beschwer­de­führer zunächst frei. Dieses Urteil hob das Oberlan­des­gericht jedoch im Revisi­ons­ver­fahren auf und verwies das Verfahren zurück. Das Landgericht verwarf die Berufung des Beschwer­de­führers daraufhin als unbegründet. Die erneute Revision des Beschwer­de­führers blieb vor dem Oberlan­des­gericht ohne Erfolg.

Entscheidungen der Vorinstanzen verletzten Beschwer­de­führer in Grundrecht auf Meinungs­freiheit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlan­des­ge­richts den Beschwer­de­führer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen.

LG verkennt verfas­sungs­rechtliche Maßstäbe zur Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik

Das Urteil des Landgerichts, dem sich das Oberlan­des­gericht anschließt, nimmt in verfas­sungs­rechtlich nicht mehr tragbarer Art und Weise an, dass es sich bei den für strafbar erachteten Äußerungen um Schmähkritik handle. Hierbei verkennt das Landgericht die verfas­sungs­recht­lichen Maßstäbe zur Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik.

Überzogene oder ausfällige Kritik macht Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähkritik

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat diesen in der Fachge­richts­barkeit entwickelten Begriff wegen seines die Meinungs­freiheit verdrängenden Effekts eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen. Nur dann kann ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls verzichtet werden. Aus diesem Grund wird Schmähkritik bei Äußerungen zu Fragen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren, nur ausnahmsweise vorliegen und im Übrigen eher auf die sogenannte Privatfehde beschränkt bleiben.

Polemische und überspitzte Kritik des Beschwer­de­führers hatte sachliche Ausein­an­der­setzung zur Grundlage

Dem genügt die Entscheidung des Landgerichts nicht. Auch in der Äußerung, es müsse verhindert werden, dass die Richterin auf eine schiefe Bahn gerate, geht es nicht allein um eine Verunglimpfung der Betroffenen, sondern auch um eine Ausein­an­der­setzung, die einen sachlichen Hintergrund hat. Der Beschwer­de­führer bezieht sich auf das von ihm in der Dienst­auf­sichts­be­schwerde kritisierte Verhalten und bezweckt eine Überprüfung dieses Verhaltens durch eine übergeordnete Stelle. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Ausein­an­der­setzung zur Grundlage. Bezüglich der weiteren Äußerungen begründet das Landgericht seine Einordnung als Schmähkritik überhaupt nicht.

Landgericht lässt andere mögliche Deutungen der Äußerungen des Beschwer­de­führers außer Acht

Soweit das Landgericht hilfsweise dennoch eine Abwägung vornimmt, verstößt es hierbei zunächst insofern gegen die Meinungs­freiheit, als es die Äußerung des Beschwer­de­führers, „es müsse verhindert werden, dass die Richterin auf eine schiefe Bahn gerate“, dahingehend auslegt, dass hiermit der betroffenen Richterin die künftige Begehung von Straftaten unterstellt wird. Mit anderen möglichen Deutungen hat sich das Landgericht nicht ausein­an­der­gesetzt. Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist jedoch, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der Meinungs­freiheit liegt vor, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen zu haben.

Meinungs­freiheit des Beschwer­de­führers nicht ausreichend berücksichtigt

Auch im Übrigen genügt die Abwägung nicht den verfas­sungs­recht­lichen Maßstäben. Das Landgericht stellt einseitig auf den Ehrschutz ab, ohne die Meinungs­freiheit des Beschwer­de­führers ausreichend zu berücksichtigen. Insbesondere wird nicht hinreichend gewürdigt, dass der Beschwer­de­führer das Schreiben zwar auch an die Gegenseite gesandt, den Adressatenkreis des Schreibens aber überschaubar gehalten hat. Zudem ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass sich der Beschwer­de­führer im „Kampf ums Recht“ befand und ihm hierbei zur plastischen Darstellung seiner Position grundsätzlich erlaubt ist, auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, ohne jedes Wort auf die Waagschale legen zu müssen.

Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlan­des­ge­richts werden daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss18933

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI