14.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.01.2009

Krankenkassen müssen nur Hälfte bei künstlicher Befruchtung zahlen50 prozentiger Kostenzuschuss der Krankenkassen für künstliche Befruchtung verfas­sungsgemäß

Eine künstliche Befruchtung ist keine medizinisch notwendige Behandlung einer Krankheit, die die gesetzlichen Kassen per Gesetz übernehmen müssen. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden. Daher ist es auch mit dem Grundgesetz vereinbar, dass gesetzliche Krankenkassen seit dem 1. Januar 2004 nur die Hälfte der Kosten zahlen. Geklagt hatte ein Paar aus Baden-Württemberg, das auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann.

Die Verfas­sungs­be­schwerde betrifft die seit dem 1. Januar 2004 geltende Begrenzung der Leistungen der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung bei medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ( künstliche Befruchtung) auf einen Zuschuss von 50 %. Nach dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Recht hatten die Krankenkassen die Kosten solcher Maßnahmen voll zu tragen. Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung begrenzte die Erstattung der Kosten ab dem 1. Januar 2004 in § 27 a Abs. 3 Satz 3 SGB V für diese Maßnahmen auf 50 %.

Sachverhalt

Die Beschwer­de­führer sind verheiratet und gesetzlich versichert. Bei ihnen besteht eine in ihren medizinischen Ursachen ungeklärte ( idiopathische) Sterilität. Für eine von den Beschwer­de­führern geplante künstliche Befruchtung bewilligte die Krankenkasse im März 2005 eine Kostentragung im Umfang von 50 %. Die Klage der Beschwer­de­führer, mit der diese die Verfas­sungs­wid­rigkeit der auf 50 % begrenzten Kostenübernahme rügten, ist in allen Instanzen erfolglos geblieben.

Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung angenommen

Die 2. Kammer des Ersten Senats hat die Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfas­sungs­be­schwerde hat schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil die mit der Verfas­sungs­be­schwerde aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, insbesondere in dem Urteil vom 28. Februar 2007 (vgl. BVerfG, Urteil v. 28.02.2007 - 1 BvL 5/03 -), bereits geklärt sind. Es ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit anzusehen und sie als eigenständigen, nicht krank­heits­be­dingten Versi­che­rungsfall zu behandeln. Der Begriff der Krankheit, der die Leistungs­pflicht der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung auslöst, kann nicht durch Auslegung dahingehend erweitert werden, dass er den Wunsch nach einer erfolgreichen Familienplanung in einer Ehe umfasst. Die künstliche Befruchtung beseitigt keinen regelwidrigen körperlichen Zustand, sondern umgeht ihn mit Hilfe medizinischer Technik, ohne auf dessen Heilung zu zielen.

Kein Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Es liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Das Gesetz behandelt alle Versicherten rechtlich gleich, selbst wenn der Zuschuss davon abhängig gemacht wird, dass ausreichende Eigenmittel zur Verfügung stehen. Zwar kann es vorkommen, dass sozial schwache Personen die Kosten für die künstliche Befruchtung nicht finanzieren können. Dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht obliegt aber größte Zurückhaltung, dem Gesetzgeber im Bereich gewährender Staatstätigkeit über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungs­ver­pflich­tungen aufzuerlegen, vor allem wenn sie aus den Beiträgen der Gemeinschaft der Versicherten finanziert werden. In Bezug auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung besteht keine staatliche Verpflichtung des Gesetzgebers, die Entstehung einer Familie mit den Mitteln der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung zu fördern. Es handelt sich vielmehr um eine in seinem Ermessen stehende Leistung, die nicht medizinisch für eine Therapie notwendig ist, sondern die Wünsche eines Versicherten für seine individuelle Lebens­ge­staltung betrifft. Dann bleibt es aber im Rahmen des gesetz­ge­be­rischen Gestal­tungs­spielraums, wenn er sich zu einer Förderung von Maßnahmen künstlicher Befruchtung entschließt, dies aber generell auf eine Teilförderung beschränkt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 24/2009 vom 19. März 2009

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