15.11.2024
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Dokument-Nr. 18813

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Bundesverfassungsgericht Beschluss28.07.2014

Bundes­verfassungs­gericht hebt amtsge­richt­liches Urteil wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot aufUnkenntnis des Amtsgerichts über einschlägige Rechtsprechung nicht nachvollziehbar

Das Bundes­verfassungs­gericht hat ein Urteil des Amtsgerichts Euskirchen unter anderem wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Amtsgericht hatte einschlägige Rechtsprechung mit der Begründung nicht berücksichtigt, diese sei ihm erst nach der mündlichen Verhandlung bekannt geworden. Zudem hatte es einen Sachvortrag und eine Zustän­dig­keitsrüge der Beschwer­de­führerin übergangen.

Die Beschwer­de­führerin des zugrunde liegenden Verfahrens wurde vor dem Amtsgericht auf Schadensersatz verklagt. Sie und die Klägerin sind zwei von drei Parteien einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft. Jeder Wohnung ist eine Garage zugeordnet. Anlässlich von Streitigkeiten besprühte die Beschwer­de­führerin eine Garagen­da­ch­ver­blendung mit Farbe, die sich sowohl über ihre eigene als auch über die Garagenzelle der Klägerin wölbt. Für Malerarbeiten zur Beseitigung dieser Farbauf­tra­gungen verlangte die Klägerin von der Beschwer­de­führerin einen Betrag von 464,10 Euro. Die Beschwer­de­führerin rügte u. a. die Unzuständigkeit der Zivilabteilung und bestritt den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach.

Gericht wurde Rechtsprechung laut eigener Angabe erst im Anschluss an mündliche Verhandlung bekannt

Das Amtsgericht verurteilte die Beschwer­de­führerin zur Zahlung des eingeklagten Betrages. Zur Begründung führte das Amtsgericht u. a. aus, erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung sei ihm die Rechtsprechung bekannt geworden, nach der die tragenden Teile eines auf dem gemein­schaft­lichen Grundstück errichteten Garagengebäudes zum gemein­schaft­lichen Eigentum gehörten. Da zu diesem Zeitpunkt aber bereits streitig verhandelt worden sei, sei eine Abgabe an den wegen dieser Zuordnung zuständigen Spruchkörper, nämlich die Abteilung für Wohnungs­ei­gen­tums­sachen, nicht mehr möglich gewesen.

BVerfG rügt Verstoß gegen das Willkürgebot

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass das angegriffene Urteil gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot verstößt. Das Gericht hat § 5 Abs. 2 des Wohnungs­ei­gen­tums­ge­setzes (WEG) als offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt. Diese Vorschrift regelt, dass tragende Teile eines Gebäudes nicht Gegenstand von Sondereigentum sein können; darunter fällt auch die Dachkon­struktion einer Garage, die im Sondereigentum steht. Der Schaden­s­er­satz­an­spruch hätte deshalb nur von der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft geltend gemacht werden können.

Gericht trifft sehenden Auges falsche Entscheidungen

Die hierfür gegebene Begründung des Amtsgerichts, dass es die Zuständigkeit der WEG-Abteilung erst nach der mündlichen Verhandlung erkannte und bis dahin in Unkenntnis der einschlägigen Rechtsprechung war, ist nicht nachvollziehbar. Die zu späte Verschaffung der erforderlichen Rechts­kenntnisse berechtigt ein Gericht nicht, sehenden Auges falsche Entscheidungen zu treffen.

Verstoß gegen Recht auf gesetzlichen Richter

Zudem liegt ein offen­sicht­licher Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) vor, da keine Abgabe an die nach Geschäfts­ver­tei­lungsplan zuständige WEG-Abteilung des Amtsgerichts erfolgte.

Das Urteil verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), da das Amtsgericht den Vortrag der Beschwer­de­führerin, mit dem diese die Kostenhöhe bestritt, offensichtlich nicht zur Kenntnis nahm und bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigte.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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