18.10.2024
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Bundessozialgericht Urteil14.09.2010

Vorverlegung des Beschäf­ti­gungsendes um einen Tag nach betrie­bs­be­dingter Kündigung des Arbeitgebers – Sperrzeit von drei Wochen gerechtfertigtWichtiger Grund für Vorverlagerung des Beschäf­ti­gungsendes lag nicht vor

Die Vorverlegung des Beschäf­ti­gungsendes um einen Tag durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers nach einer betrie­bs­be­dingten Kündigung durch den Arbeitgeber kann eine Sperrzeit von drei Wochen für den Bezug zum Arbeits­lo­sengeld zur Folge haben. Der Arbeitnehmer kann sich dabei nicht auf einen wichtigen Grund für die vorzeitige Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses berufen. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Der 1953 geborene Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war seit 1978 beschäftigt. Das Arbeits­ver­hältnis wurde von der Arbeitgeberin im Juni 2005 aus betrieblichen Gründen zum 31. Januar 2006 gekündigt. Im Januar 2006 kündigte dann der Kläger sein am 31. Januar 2006 ohnedies endendes Arbeits­ver­hältnis selbst zum 30. Januar 2006, um einer Verkürzung der Dauer seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) nach einer am 1. Februar 2006 wirksam werdenden Geset­ze­s­än­derung (nur noch für höchstens 12 Monate Arbeits­lo­sengeld gegenüber früheren 26 Monaten) zu entgehen. Nach § 434 r Abs. 1 SGB III gelten die Altregelungen über die (längere) Arbeits­lo­sengeld-Dauer nur für Ansprüche fort, die vor dem 1. Februar 2006 entstanden sind, sodass die Arbeits­lo­sigkeit des Klägers vor diesem Zeitpunkt eintreten musste, um einen längeren Anspruch noch nach der alten Rechtslage zu erwerben.

Bundesagentur für Arbeit lehnt Gewährung von Arbeits­lo­sengeld für Sperrzeit ab

Die beklagte Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihm zwar Arbeits­lo­sengeld für 26 Monate, stellte jedoch den Eintritt einer Sperrzeit wegen Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses durch den Kläger ohne wichtigen Grund fest und lehnte die Gewährung von Arbeits­lo­sengeld für die Sperrzeit ab. Dabei verkürzte sie die Sperrzeit von 12 Wochen auf drei Wochen, weil das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis des Klägers ohnedies innerhalb von sechs Wochen geendet hätte.

LSG verurteilt Bundesagentur für Arbeit zur Gewährung von Arbeits­lo­sengeld

Das Landes­so­zi­al­gericht hat den Bescheid über den Eintritt einer Sperrzeit aufgehoben und die Bundesagentur für Arbeit zur Gewährung von Arbeits­lo­sengeld verurteilt, hierbei jedoch den 31. Januar 2006 ausgenommen, weil an diesem Tag der Alg-Anspruch wegen einer dem Kläger gezahlten Abfindung geruht habe.

Bundesagentur für Arbeit beanstandet fehlenden wichtigen Grund für Vorverlagerung des Beschäf­ti­gungsendes

Mit der Revision rügte die Bundesagentur für Arbeit, dass dem Kläger ein wichtiger Grund für die Vorverlagerung des Beschäf­ti­gungsendes nicht zur Seite stand. Er müsse die Geset­ze­s­än­derung hinnehmen; seinem Anliegen, die alte Alg-Anspruchsdauer zu erhalten, sei mit ihrer Entscheidung Rechnung getragen. Die Sperrzeit selbst betrage nach § 144 Abs. 3 SGB III lediglich drei Wochen.

BSG: Wichtiger Grund lag nicht vor

Dass Bundes­so­zi­al­gericht hat die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit bestätigt und das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts insoweit aufgehoben, weil dem Kläger für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses durch seine Kündigung ein wichtiger Grund in den Augen der Richter tatsächlich nicht zur Seite stand.

Interessen des Klägers wurden durch Verhalten der Bundesagentur für Arbeit ausreichend Rechnung getragen

Zwar sind für die Beurteilung eines wichtigen Grundes auch die Rechtsfolgen zu beachten, die sich ohne das Verhalten des Arbeitslosen ergäben, und die Dauer der Sperrzeit darf nicht außer Verhältnis zu dem dem Kläger vorgeworfenen Verhalten stehen. § 144 Abs. 3 SGB III enthält jedoch für Fälle der Vorverlagerung eines ohnedies endenden Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses eine angemessene Regelung; danach verkürzt sich die Sperrzeit von 12 auf drei Wochen, wenn das Arbeits­ver­hältnis ohnedies innerhalb von sechs Wochen nach der Kündigung ohne Sperrzeit geendet hätte. Entsprechend dieser Regelung ist die Beklagte verfahren; dabei hat sie dem Kläger den vom ihm gewünschten Arbeits­lo­sengeld-Anspruch mit einer Dauer von 26 Monaten nach altem Recht zugebilligt. Damit ist den Interessen des Klägers, der für die Vorverlegung des Beschäf­ti­gungsendes weder berufliche noch private Gründe geltend gemacht hat, ausreichend Rechnung getragen.

Hinweis zur Rechtslage:

Erläuterungen
§ 144 SGB III

(1) Hat der Arbeitnehmer sich versi­che­rungs­widrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versi­che­rungs­widriges Verhalten liegt vor, wenn

1. der Arbeitslose das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst … und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), [...]

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(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1. auf drei Wochen, wenn das Arbeits­ver­hältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne Sperrzeit geendet hätte, [...]

§ 127 SGB XII aF

(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeits­lo­sengeld richtet sich

1. nach der Dauer der Versi­che­rungs­pflicht­ver­hältnisse innerhalb der um vier Jahre erweiterten Rahmenfrist und

2. dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat. [...]

(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeits­lo­sengeld beträgt nach Versi­che­rungs­pflicht­ver­hält­nissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 52 Monaten und nach Vollendung des 52. Lebens­jahres 26 Monate [...]

§ 127 SGB III nF

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(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeits­lo­sengeld beträgt nach Versi­che­rungs­pflicht­ver­hält­nissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Monaten 12 Monate, nach Versi­che­rungs­pflicht­­ver­hält­nissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 30 Monaten und nach Vollendung des 55. Lebensjahres 15 Monate [...]

§ 434 l SGB III

(1) § 127 in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. [...]

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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