18.10.2024
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Dokument-Nr. 13661

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Bundessozialgericht Urteil19.06.2012

Hartz IV: Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche nicht vom Einkommen absetzbarFür das SGB II maßgebende Vorschriften für Werbungskosten enger auszulegen als steuer­rechtliche Regelungen

Ein Empfänger von Arbeits­lo­sengeld II (Hartz IV) kann keinen über die zugebilligten Pauschalen hinausgehenden Absetzbetrag für Business-Kleidung und Friseurbesuche in Ansatz bringen. Grundsätzlich sind die für das SGB II maßgebenden Vorschriften für so genannte Werbungskosten enger auszulegen als die steuer­recht­lichen Regelungen. So können nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden, während es im Steuerrecht genügt, dass die fraglichen Ausgaben durch den Beruf des Steuer­pflichtigen veranlasst sind. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­so­zi­al­ge­richts hervor.

Die mit ihrem Sohn in einer Bedarfs­ge­mein­schaft wohnende Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls begehrt höheres Arbeits­lo­sengeld II im Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2008. Sie nahm ab 1. Juni 2008 eine Halbtags­be­schäf­tigung bei der Deutschen Vermö­gens­be­ratung AG auf. Der Beklagte bewilligte unter Anrechnung des erzielten Einkommens Leistungen für Juni 2008 in Höhe von 675,89 Euro, für Juli 2008 in Höhe von 107,28 Euro und für August bis November 2008 in Höhe von 108,66 Euro. Die Klägerin wandte sich gegen die Nicht­be­rück­sich­tigung der Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche als Abzugsposten vom zu berück­sich­ti­genden Einkommen.

Vorinstanzen verneinen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten

Ihre Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Auffassung vertreten, dass es hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen – unter Berück­sich­tigung der steuer­recht­lichen Grundsätze – an einer Berück­sich­ti­gungs­fä­higkeit als Werbungskosten fehle.

Aufwendungen können nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Aufwendungen anerkannt werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, dass für den Leistungs­an­spruch der Klägerin kein über die zugebilligten Pauschalen hinausgehender Absetzbetrag für Business-Kleidung und Friseurbesuche in Ansatz gebracht werden kann. Grundsätzlich ist die für das SGB II maßgebende Vorschrift gegenüber der steuer­recht­lichen Regelung für die so genannten Werbungskosten enger, weil nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden können, während das Steuerrecht es genügen lässt, dass die fraglichen Ausgaben durch den Beruf des Steuer­pflichtigen veranlasst sind. Auf dieser Grundlage können die fraglichen Aufwendungen – entsprechend der Sichtweise im Steuerrecht – nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Aufwendungen anerkannt werden.

Nur typische Berufskleidung als Abzugsposten berück­sich­ti­gungsfähig

Hinsichtlich der Aufwendungen für Bekleidung gilt, dass nur die typische Berufskleidung als Abzugsposten berück­sich­ti­gungsfähig ist. Merkmal der typischen Berufskleidung ist entweder ihre Unter­schei­dungs­funktion oder ihre Schutzfunktion. Beide Funktionen treffen auf die Business-Kleidung nicht zu. Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der Aufwendungen für Friseurbesuche, denn hierbei handelt es sich um so genannte gemischte Aufwendungen, die zugleich dem privaten und beruflichen Lebensbereich zugeordnet werden können und grundsätzlich durch die Regelleistung abgedeckt werden.

Zusätzliche Aufwendungen zur Wieder­ein­glie­derung des Leistungs­emp­fängers möglich

Eine über die steuer­recht­lichen Grundsätze hinausgehende Berück­sich­tigung von Aufwendungen ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts geboten, wenn dieses durch das zentrale Anliegen des SGB II, den erwerbsfähigen Leistungs­be­rech­tigten bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwer­b­s­tä­tigkeit zu unterstützen, gefordert wird. Insoweit war hier aber zu berücksichtigen, dass für die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich die Einglie­de­rungs­leis­tungen des SGB II zur Verfügung stehen. Ob der Klägerin insoweit ein weitergehender Leistungs­an­spruch zusteht, konnte das Gericht schon in Ermangelung einer Verwal­tungs­ent­scheidung des Beklagten nicht entscheiden.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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