Dokument-Nr. 13661
Permalink https://urteile.news/
- NJW 2013, 960Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 960
- Hartz IV-Behörde muss Übergewichtigem Darlehen für Kauf einer neuen Hose gewährenSozialgericht Bremen, Beschluss07.10.2009, S 23 AS 1829/09 ER - Darlehen für Hose
- FG Rheinland-Pfalz zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Reinigung von Berufskleidung als WerbungskostenFinanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil28.09.2010, 2 K 1638/09
Bundessozialgericht Urteil19.06.2012
Hartz IV: Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche nicht vom Einkommen absetzbarFür das SGB II maßgebende Vorschriften für Werbungskosten enger auszulegen als steuerrechtliche Regelungen
Ein Empfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) kann keinen über die zugebilligten Pauschalen hinausgehenden Absetzbetrag für Business-Kleidung und Friseurbesuche in Ansatz bringen. Grundsätzlich sind die für das SGB II maßgebenden Vorschriften für so genannte Werbungskosten enger auszulegen als die steuerrechtlichen Regelungen. So können nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden, während es im Steuerrecht genügt, dass die fraglichen Ausgaben durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts hervor.
Die mit ihrem Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft wohnende Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls begehrt höheres Arbeitslosengeld II im Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2008. Sie nahm ab 1. Juni 2008 eine Halbtagsbeschäftigung bei der Deutschen Vermögensberatung AG auf. Der Beklagte bewilligte unter Anrechnung des erzielten Einkommens Leistungen für Juni 2008 in Höhe von 675,89 Euro, für Juli 2008 in Höhe von 107,28 Euro und für August bis November 2008 in Höhe von 108,66 Euro. Die Klägerin wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche als Abzugsposten vom zu berücksichtigenden Einkommen.
Vorinstanzen verneinen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten
Ihre Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Auffassung vertreten, dass es hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen – unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Grundsätze – an einer Berücksichtigungsfähigkeit als Werbungskosten fehle.
Aufwendungen können nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Aufwendungen anerkannt werden
Das Bundessozialgericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, dass für den Leistungsanspruch der Klägerin kein über die zugebilligten Pauschalen hinausgehender Absetzbetrag für Business-Kleidung und Friseurbesuche in Ansatz gebracht werden kann. Grundsätzlich ist die für das SGB II maßgebende Vorschrift gegenüber der steuerrechtlichen Regelung für die so genannten Werbungskosten enger, weil nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden können, während das Steuerrecht es genügen lässt, dass die fraglichen Ausgaben durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Auf dieser Grundlage können die fraglichen Aufwendungen – entsprechend der Sichtweise im Steuerrecht – nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Aufwendungen anerkannt werden.
Nur typische Berufskleidung als Abzugsposten berücksichtigungsfähig
Hinsichtlich der Aufwendungen für Bekleidung gilt, dass nur die typische Berufskleidung als Abzugsposten berücksichtigungsfähig ist. Merkmal der typischen Berufskleidung ist entweder ihre Unterscheidungsfunktion oder ihre Schutzfunktion. Beide Funktionen treffen auf die Business-Kleidung nicht zu. Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der Aufwendungen für Friseurbesuche, denn hierbei handelt es sich um so genannte gemischte Aufwendungen, die zugleich dem privaten und beruflichen Lebensbereich zugeordnet werden können und grundsätzlich durch die Regelleistung abgedeckt werden.
Zusätzliche Aufwendungen zur Wiedereingliederung des Leistungsempfängers möglich
Eine über die steuerrechtlichen Grundsätze hinausgehende Berücksichtigung von Aufwendungen ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geboten, wenn dieses durch das zentrale Anliegen des SGB II, den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, gefordert wird. Insoweit war hier aber zu berücksichtigen, dass für die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich die Eingliederungsleistungen des SGB II zur Verfügung stehen. Ob der Klägerin insoweit ein weitergehender Leistungsanspruch zusteht, konnte das Gericht schon in Ermangelung einer Verwaltungsentscheidung des Beklagten nicht entscheiden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.06.2012
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13661
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.