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- SG Karlsruhe: Kein Anspruch auf Kostenerstattung für Schülerbeförderung zu auswärtiger Förderschule bei vorhandener gleich geeigneten Förderschule am WohnortSozialgericht Karlsruhe, Urteil21.04.2011, S 1 SO 3289/10
- Sozialhilfe zur Ermöglichung der Teilnahme geistig behinderter Kinder am integrativen SchulunterrichtBundesverwaltungsgericht, Urteil26.10.2007, BVerwG 5 C 34.06 und 35.06
Bundessozialgericht Urteil19.06.2012
Behinderte Kinder in niedersächsischen Tagesbildungsstätten haben Anspruch auf Leistungen aus "Schulstarterpaket"Besuch einer Förderschule nicht Voraussetzung für zusätzliche Leistungen
Ein behindertes Kind, das seine Schulpflicht nicht durch den Besuch einer Förderschule, sondern einer Tagesbildungsstätte in Niedersachsen erfüllt, kann die zusätzlichen Leistungen für Schule aus dem zum 1. August 2009 eingeführten so genannten "Schulstarterpaket" (§ 24 a SGB II) beanspruchen. Dies entschied das Bundessozialgericht.
In dem zugrunde liegenden Verfahren wehrte sich der 1997 geborene und geistig behinderte Kläger dagegen, dass der beklagte Landkreis Leer bei ihm, anders als bei seiner 1999 geborenen und gleichfalls behinderten Schwester, die eine Förderschule besuchte, im Juni 2009 einen Anspruch auf die zusätzliche Leistung für Schulbedarfe verneinte. Dies begründete der SGB II-Träger damit, dass eine Tagesbildungsstätte keine allgemeinbildende Schule im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes (NschG) sei, weil dort im Unterschied etwa zum Besuch von Förderschulen kein allgemeinbildender Schulabschluss erlangt werden könne.
Maßgebende Norm verlangt keinen bestimmten Schulabschluss
Das Bundessozialgericht hat die Sprungrevision des Beklagten gegen das zusprechende Urteil des Sozialgerichts zurückgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Beklagte schon deshalb nicht zur Rücknahme der vorangegangenen Bewilligung berechtigt war, weil der Kläger im August 2009 einen Anspruch auf zusätzliche Leistungen für Schule hatte. Der Begriff der "allgemeinbildenden Schule" i.S. des § 24 a SGB II ist – entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten – nicht vorrangig anhand der schulrechtlichen Regelungen der Länder, sondern nach dem Gesetzeskontext, der Historie der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck zu bestimmen. Bereits nach ihrem Wortlaut verlangt die Norm weder einen bestimmten Schulabschluss noch wird – anders als etwa bei Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten nach dem SGB II – auf die schulrechtlichen Bestimmungen der Länder Bezug genommen. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, dass der Gesetzgeber noch vor dem Inkrafttreten der Norm das Erfordernis eines allgemeinbildenden Schulabschlusses im Gesetzestext entfallen ließ. Insbesondere kann auch unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes und des Zwecks der Regelung, allen Schülern und Schülerinnen die persönliche Ausstattung mit Schulranzen, Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien zu ermöglichen, nicht auf den Besuch bestimmter "Schulformen" abgestellt werden.
Auch die zum 1. Januar 2011 in Erweiterung des "Schulstarterpakets" neu eingeführten Leistungen für Bildung und Teilhabe für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, setzen voraus, dass eine allgemein- oder berufsbildende Schule besucht wird (§ 28 Abs. 1 S 2 SGB II).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.06.2012
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
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