21.11.2024
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Dokument-Nr. 11665

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Bundessozialgericht Urteil18.05.2011

BSG: Krankenkasse muss keinen Sportrollstuhl zur Verfügung stellenFür Hilfsmittel zur Ausübung von Vereinssport ist nicht Krankenkasse sondern Sozia­l­hil­fe­träger zuständig

Die Krankenkasse ist nicht dazu verpflichtet einen gehbehinderten Versicherten neben einem Aktivrollstuhl einen zusätzlichen Sportrollstuhl zur Verfügung zu stellen. In der Regel ist mit einem Aktivrollstuhl das Grundbedürfnis auf Mobilität ausreichend erfüllt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­so­zi­al­ge­richts hervor.

Der 1999 geborene und bei der Beklagten gesetzlich kranken­ver­si­cherte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls leidet an einer spastischen Tetraplegie. Er ist deswegen auf den Rollstuhl angewiesen, mit dem er auch von der Beklagten versorgt ist. Zusätzlich zu dem Sport- und Bewegungs­angebot der von ihm besuchten Schule für Körper­be­hinderte beteiligt er sich seit Mitte 2007 an dem wöchentlichen Training und Spielen einer Rollstuhl­bas­ketball-Jugend­mann­schaft eines Rollstuhl-Sportclubs, der mit seiner 1. Mannschaft in der Rollstuhl­bas­ketball-Bundesliga vertreten ist.

Kläger beantragt zusätzlichen Sportrollstuhl

Der Kläger beantragte deshalb im Januar 2008 die Versorgung mit einem zusätzlichen Sportrollstuhl. Der vorhandene Aktivrollstuhl bremse beim Rollstuhl­bas­ketball die Geschwindigkeit ab und sei viel schwerer zu handhaben als ein Sportrollstuhl. Zudem sei das Unfallrisiko mit einem Sportrollstuhl deutlich geringer.

Sozialgericht: Kläger hat im Hinblick auf soziale Integration Anspruch auf Sportrollstuhl

Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Das Sozialgericht Trier hatte zunächst den Sport-Übungsleiter des Rollstuhl­sport­vereins als Zeugen vernommen und die Beklagte sodann antragsgemäß verurteilt, den Kläger mit einem "geeigneten Sportrollstuhl" zu versorgen; ein solcher Rollstuhl sei zu dessen sozialer Integration und damit zur Erfüllung eines Grund­be­dürf­nisses erforderlich.

Landes­so­zi­al­gericht verneint Versorgung mit zusätzlichem Sportrollstuhl

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landes­so­zi­al­gericht Rheinland-Pfalz das erstin­sta­nzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Versorgung mit einem zusätzlichen Sportrollstuhl überschreite den Bereich des Basisausgleichs, für den die gesetzliche Kranken­ver­si­cherung beim mittelbaren Behin­de­rungs­aus­gleich ausschließlich zu sorgen hätte. Vereinssport müssten nach der Zustän­dig­keits­ver­teilung des SGB IX nicht die Krankenkassen, sondern der Sozia­l­hil­fe­träger ermöglichen. Für dessen Leistungs­pflicht bestünden vorliegend mangels Bedürftigkeit indes keine Anhaltspunkte.

Kläger mit Aktivrollstuhl bereits ausreichend versorgt

Die Revision des Klägers blieb vor dem Bundes­so­zi­al­gericht ohne Erfolg. Der Kläger sei nach Auffassung des Gerichts durch den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Aktivrollstuhl bereits ausreichend versorgt. Auch das Grundbedürfnis auf Mobilität sei damit ausreichend erfüllt. Besondere zusätzliche qualitative Merkmale, die eine ergänzende Ausstattung mit einem Sportrollstuhl rechtfertigen könnten, bestehen vorliegend nicht.

Möglichkeiten zur Teilnahme an sportlicher Betätigung außerhalb des gewöhnlichen Schulsport nicht Teil des Verant­wor­tungs­be­reichs der Krankenkassen

Das Gericht hat solche Merkmale früher angenommen z.B. bei der Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger oder bei Mobili­täts­hilfen zum allgemeinen Schulbesuch sowie zur Teilnahme am Schulsport. Diese Ausnahmen werden von der Überlegung getragen, dass Kindern und Jugendlichen eine der Schulpflicht genügende Bildung ermöglicht und insbesondere ihrer Ausgrenzung vorgebeugt werden soll. Eine darüber hinausgehende sportliche Betätigung oder die Ausübung von Vereinssport – auch in reinen Behinderten-Sportgruppen – müssen nach der Zustän­dig­keits­ver­teilung des SGB IX nicht die Krankenkassen, sondern allenfalls die Sozia­l­hil­fe­träger ermöglichen; für deren Leistungs­pflicht bestanden vorliegend mangels Bedürftigkeit indes keine Anhaltspunkte.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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