24.11.2024
24.11.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 3985

Drucken
Urteil20.03.2007BundessozialgerichtB 2 U 9/06 R
Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Hamburg, , S 10 U 3426/03
  • Landessozialgericht Baden-Württemberg, , L 1 U 1430/05
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil20.03.2007

Bundes­so­zi­al­gericht bestätigt Zwangs­mit­glied­schaft der Arbeitgeber in gesetzlicher Unfall­ver­si­cherungGesetzliche Unfall­ver­si­cherung ist ein vom Solidarprinzip geprägter Teil des deutschen Sozialsystems

Arbeitgeber müssen auch weiterhin Mitglieder der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung sein. Die Zwangs­mit­glied­schaft sei rechtmäßig, urteilte das Bundes­so­zi­al­gericht. Es wies damit die Klage eines Betriebes aus Baden-Württemberg gegen die Berufs­ge­nos­sen­schaft der Bauwirtschaft ab. Das Unternehmen hatte argumentiert, dass die Zwangs­mit­glied­schaft gegen Europarecht und das Grundgesetz verstoße.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen des Tief- und Rohrlei­tungsbaus. Sie wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Unfall­ver­si­che­rungs­bei­trägen für das Jahr 2002. Vor dem Sozialgericht und dem Landes­so­zi­al­gericht war ihre Klage erfolglos. Mit der vom Landes­so­zi­al­gericht zugelassenen Revision rügt sie, ihre Zwangsmitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung verstoße gegen Europarecht.

Vortrag der Klägerin:

Die gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften müssten als Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbe­wer­bs­rechts eingestuft werden. Ihre Leistungen seien zwar weitgehend gesetzlich festgelegt. Durch ihre Beitrags­ge­staltung könnten sie aber den Preis für ihr Versi­che­rungs­angebot unabhängig von staatlicher Beeinflussung selbst mit bestimmen und seien dadurch in der Lage, mit Unternehmen der privaten Wirtschaft zu konkurrieren. Entgegen den Urteilen des BSG vom 11.11.2003 (B 2 U 16/03 R BSGE 91, 263 = SozR 4 2700 § 150 Nr. 1) sowie vom 9.5.2006 B 2 U 34/05 R sei die gesetzliche Unfall­ver­si­cherung in Deutschland nicht maßgeblich durch den Grundsatz der Solidarität geprägt, denn eine wirksame gegenseitige finanzielle Unterstützung durch die gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften gebe es nicht. Die zwangsweise Einbeziehung der Unternehmen in das derzeit bestehende System der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung verletze zudem ihre Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 des Grundgesetzes. Der Strukturwandel in der Bauwirtschaft habe in dieser Branche zu einer unzumutbaren Beitrags­be­lastung geführt, der in ihrem Fall eine erdrosselnde Wirkung zukomme.

Entscheidung des Bundes­so­zi­al­ge­richts

Das Bundes­so­zi­al­gericht wies die Klage ab. Die Pflicht­mit­glied­schaft der in Deutschland ansässigen Unternehmen bei der für ihre Branche zuständigen Berufs­ge­nos­sen­schaft verletze kein höherrangiges Recht.

Das deutsche Unfall­ver­si­che­rungs­monopol sei mit europäischem Gemein­schaftsrecht vereinbar. Eine Vorab­ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) müsse nicht herbeigeführt werden. Der EuGH habe die einschlägige Fragestellung durch seine Entscheidung zum italienischen Unfall­ver­si­che­rungs­system (Urteil vom 22.1.2002 C 218/00 - INAIL) bereits beantwortet.

Die deutsche Unfall­ver­si­cherung sei ebenso wie die italienische durch Elemente des Solidar­aus­gleichs gekennzeichnet und unterliege staatlicher Aufsicht. Dass diese Elemente im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet seien, ändere nichts an der strukturellen Vergleich­barkeit der beiden Systeme. Für das verfas­sungs­rechtliche Argument einer erdrosselnden Wirkung der Beitragslast in der Bauwirtschaft (Verstoß gegen Art. 14 GG) sei die Klägerin einen Beleg durch konkrete Zahlen schuldig geblieben.

Quelle: ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil3985

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI