21.11.2024
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Dokument-Nr. 22133

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Bundessozialgericht Urteil20.01.2016

Kein Anspruch auf Mehrbedarf für spezielle Nahrungsmittel bei psychischer ZwangsstörungObjektiver Bedarf an besonderer Ernährung wie bei Nahrungs­mittel­unver­träg­lichkeit besteht nicht

Ein Bezieher von Arbeits­lo­sengeld II, der aufgrund einer psychischen Zwangsstörung nur bestimmte Nahrungsmittel in einem speziellen Verfahren zu sich nimmt, kann vom Jobcenter hierfür keinen Mehrbedarf verlangen. Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf Mehrbedarf für Ernährung wäre ein aus physiologischen Gründen objektiver Bedarf an einer besonderen Ernährung, der hier nicht gegeben ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor.

Bei dem 1962 geborenen Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wurde ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt. Er erhielt seit 2005 vom beklagten Jobcenter Leistungen nach dem SGB II und lebte mit seiner Lebensgefährtin in einer Wohnung. Beide hatten kein zu berück­sich­ti­gendes Einkommen oder Vermögen. Der Kläger litt an einer psychischen Zwangsstörung und nahm nur bestimmte Nahrungsmittel in einem speziellen Verfahren zu sich. Nachdem ihm bisher ein Mehrbedarf wegen kosten­auf­wändiger Ernährung in Höhe von 25,56 Euro monatlich gezahlt worden war, war ein solcher in der Leistungs­be­wil­ligung ab 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 zunächst nicht mehr enthalten (Bescheid vom 29. November 2010, Wider­spruchs­be­scheid vom 28. Juni 2011; letzter Änderungs­be­scheid vom 15. September2011).

SG bejaht ernäh­rungs­be­dingten Mehrbedarf

Das Sozialgericht Kiel hat nach Einholung eines psychiatrischen Sachver­stän­di­gen­gut­achtens und einer Auskunft der Verbrau­cher­zentrale den Beklagten unter Änderung der Bescheide verurteilt, dem Kläger wegen eines ernäh­rungs­be­dingten Mehrbedarfs von insgesamt 42,82 Euro monatlich weitere Leistungen für die strittige Zeit zu zahlen, und die Berufung zugelassen. Aufgrund seiner Erkrankung könne der Kläger nur bestimmte Lebensmittel zu sich nehmen und es sei nicht möglich, dies kurzfristig zu ändern.

LSG weist Forderung nach höherem Mehrbedarf zurück

Die nur vom Kläger eingelegte Berufung, mit der er einen Mehrbedarf von 180 Euro monatlich begehrte, wies das Landes­so­zi­al­gericht Schleswig-Holstein zurück. Der erforderliche Ursachen­zu­sam­menhang zwischen der gesund­heit­lichen Beein­träch­tigung und der Notwendigkeit, sich in einer bestimmten Weise zu ernähren, sei bei Zwangs­er­kran­kungen nicht herstellbar.

In seiner vom Landes­so­zi­al­gericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 21 Abs. 5 SGB II. Das Landes­so­zi­al­gericht habe in unzulässiger Weise zwischen physischen und psychischen Erkrankungen differenziert und auch bei ihm verhüte die besondere Ernährung eine Verschlimmerung seiner Krankheit.

Voraussetzungen für geltend gemachten Mehrbedarf nicht gegeben

Das Bundes­so­zi­al­gericht wies die Revision des Klägers zurück, weil er keinen Anspruch auf weiteres ALG II wegen eines höheren Mehrbedarfs hat. Die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Mehrbedarfs für Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II sind nicht erfüllt, weil sie u.a. einen aus physiologischen Gründen objektiven Bedarf an einer besonderen Ernährung bedingen (vgl. BSG vom 20.2.2014 - B 14 AS 65/12 R -). Schon diese Voraussetzung ist bei dem Kläger nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht gegeben, weil sich bei diesem eine Nahrungs­mit­te­l­un­ver­träg­lichkeit nicht hat feststellen lassen und nur ein bestimmtes Ernäh­rungs­ver­halten besteht, in dem der Kläger teilweise hochpreisige Nahrungsmittel kauft und zum Teil ungenutzt wegwirft.

Voraussetzungen eines Härtefall-Mehrbedarfs ebenfalls nicht gegeben

Auch die Voraussetzungen eines Härtefall-Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II liegen nicht vor. Denn dieser setzt hinsichtlich Grund und Höhe einen unabweisbaren, laufenden nicht nur einmaligen Bedarf voraus. Jedenfalls hinsichtlich der Höhe der Leistung ist nicht zu erkennen, wieso der dem Kläger vom Sozialgericht zuerkannte Betrag von 42,82 Euro gegenüber dem zuvor gewährten Betrag von 25,56 Euro unabweisbar zu niedrig sein könnte.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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