Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls wendet sich gegen die von dem beklagten Jobcenter festgesetzte Höhe der Grundsicherungsleistungen; insbesondere gegen die Berücksichtigung von Kindergeld als Einkommen.
Die Klägerin ist verwitwet und Mutter eines im Jahre 1986 geborenen Sohnes. Bei diesem sind eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" anerkannt. In der strittigen Zeit war der Sohn vollstationär in einer stationären Einrichtung untergebracht und besuchte von dort aus die Schule. In 14tägigen Abständen holte die Klägerin ihren Sohn an den Wochenenden nach Hause, ebenso in den Schulferien und versorgte ihn mit Hilfe eines Pflegedienstes.
Die Klägerin bezog pro Monat neben ihrer Witwenrente von 179 Euro Kindergeld für ihren Sohn in Höhe von 154 Euro. Einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes an den Sohn hatte die Familienkasse abgelehnt. Das Kindergeld wurde auf das Konto des Sohnes überwiesen, von dem per Dauerauftrag 80 Euro pro Monat an die Einrichtung abgeführt wurden. Die Kosten der Heimunterbringung des Sohnes, der eine Halbwaisenrente sowie Blindengeld bezog, wurden im Übrigen vom zuständigen Sozialhilfeträger übernommen. Bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen der Klägerin rechnete das beklagte Jobcenter neben der Witwenrente das für den Sohn gezahlte Kindergeld als Einkommen der Klägerin an.
Das Sozialgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, das Landessozialgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Jobcenter verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II unter Außerachtlassung des für den Sohn gezahlten Kindergeldes zu bewilligen, und dem Beklagten Verschuldenskosten in Höhe von 800 Euro auferlegt. Das Kindergeld sei nicht Einkommen der Klägerin, sondern ihres Sohnes nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-V)*. Nach dieser Vorschrift sei das Kindergeld nicht als Einkommen des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen, "soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende volljährige Kind weitergeleitet wird".
Mit der hiergegen gerichteten Revision rügte das Jobcenter die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es machte geltend, dass die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V durch das Landessozialgericht der Begründung des Verordnungsentwurfs widerspreche, nach der sich die Regelung nur auf in Ausbildung befindliche Kinder beziehen solle. Es habe verhindert werden sollen, dass Eltern, die ihre in Ausbildung befindlichen Kinder unterstützen, schlechter stehen als Auszubildende mit Leistungsbezug nach dem BAföG, denen das Kindergeld nicht als Einkommen angerechnet werde. Der Sohn der Klägerin werde in der Einrichtung voll versorgt und sei auch wirtschaftlich nicht selbstständig.
Das Bundessozialgericht wies die Revision des Jobcenters jedoch zurück. Das Landessozialgericht hat eine Berücksichtigung der Kindergeldzahlung als Einkommen der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin bildet mit ihrem schwerstbehinderten volljährigen Sohn, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe hat, keine Bedarfsgemeinschaft. Auch die Tatsache, dass sich der Sohn an Wochenenden bzw. in den Ferien bei der Klägerin aufhält, ist kein Anlass für die Berücksichtigung des Kindergeldes, das nachweislich an den Sohn der Klägerin weitergeleitet wird, als Einkommen der Klägerin.
(1) Außer den in § 11 a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Einnahmen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen:
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8. Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird, [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.05.2013
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online