15.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil23.11.2006

Hartz-IV-Sätze sind nicht verfas­sungs­widrig - mtl. Regelsatz von 345 Euro reicht zum LebenAuch die Vorschriften zur Bedarfs­ge­mein­schaft sind zulässig

Die Hartz-IV-Regelleistungen verstoßen nach Auffassung des Bundes­so­zi­al­ge­richts nicht gegen das Grundgesetz. Es ist nicht verfas­sungs­widrig, dass die Arbeits­lo­senhilfe durch das Arbeits­lo­sengeld II ersetzt worden ist. Auch die Eigen­tums­ga­rantie und das rechts­s­taatliche Vertrau­ens­schutz­prinzip sind nicht verletzt. Die Betroffenen hatten ausreichend Gelegenheit, sich auf die Neuregelungen einzustellen. Verfas­sungs­rechtliche Bedenken bestehen auch nicht hinsichtlich der gesetzlich festgelegten Höhe der Regelleistungen.

Die 1957 geborene Klägerin war bis Ende 2004 Bezieherin von Arbeits­lo­senhilfe. Sie lebte mit ihrem 1943 geborenen Ehemann und ihrer 1984 geborenen Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Den Antrag der Klägerin, ihr ab Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat die Revision der Klägerin nun zurückgewiesen. Die Klägerin ist nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt aus dem zu berück­sich­ti­genden Einkommen sichern kann. Zu berücksichtigen ist das Einkommen des mit ihr in einer Bedarfs­ge­mein­schaft lebenden Ehemannes von insgesamt 1.052,44 € (Renten­zahl­betrag zuzüglich Kindergeld abzüglich Versi­che­rungs­pau­schale). Das Kindergeld ist dem Ehemann als Kinder­geld­be­rech­tigtem und nicht der im fraglichen Zeitraum im Haushalt lebenden volljährigen Tochter zuzurechnen. Das maßgebliche Einkommen übersteigt somit den vom Landes­so­zi­al­gericht rechts­feh­lerfrei festgestellten Bedarf von insgesamt 857,85 € (je 311,00 € Regelleistung für die Klägerin bzw den Ehemann; 235,85 € anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung, die bei einer von drei Personen genutzten Unterkunft mit zwei Dritteln aus dem Gesamtbetrag von 353,78 € anzusetzen sind).

Dem Vorbringen der Revision, die Vorschriften zur Abschaffung der Arbeits­lo­senhilfe und zur Höhe der Regelleistungen sowie zur Berück­sich­tigung von Einkommen seien nicht verfas­sungsgemäß, ist der Senat nicht gefolgt. Nach Auffassung des Senats ist es nicht verfas­sungs­widrig, dass die Arbeits­lo­senhilfe durch das Arbeits­lo­sengeld II ersetzt worden ist. Schon die Arbeits­lo­senhilfe war nicht beitrags­fi­nanziert. Auf die Eigen­tums­ga­rantie kann sich die Klägerin nicht berufen; der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit und das rechts­s­taatliche Vertrau­ens­schutz­prinzip sind ua deswegen nicht verletzt, weil die Betroffenen ausreichend Gelegenheit hatten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Keine durchgreifenden verfas­sungs­recht­lichen Bedenken bestehen gegen die gesetzlich festge­schriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II) und in diesem Zusammenhang gegen die aus den Geset­zes­ma­te­rialien nachzu­voll­ziehende Art der Bedarfs­er­mittlung und deren Ergebnis. Es ist grundsätzlich zulässig, den Bedarf gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen. Auch nach den individuellen Verhältnissen der Klägerin ist insoweit kein Verfas­sungs­verstoß zu erkennen. Nicht als verfas­sungs­widrig anzusehen ist schließlich die von der Revision angegriffene Regelung zur Einkom­mens­be­rück­sich­tigung, die zwar ungünstiger ist als die bisher für die Arbeits­lo­senhilfe geltende Regelung, sich jedoch aus der anderen Zielsetzung der neu konzipierten Grundsicherung für Arbeitsuchende rechtfertigt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 35/06 des BSG vom 23.11.2006

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