18.10.2024
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Bundessozialgericht Urteil27.06.2019

Zweite und dritte Sperrzeiten mit sechs- und zwölfwöchiger Dauer nur bei konkreten Rechts­folgen­belehrungen und Bescheiden über vorausgegangene Sperrzeiten zulässigEinheitliche Rechts­folgen­belehrungen mit Hinweis auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen durch Wiedergabe des Gesetzestextes unwirksam

Lehnt ein Arbeitsloser wiederholt Beschäftigungs­angebote ab oder verweigert die Teilnahme an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (versicherungs­widriges Verhalten), kann deshalb eine zweite und dritte Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen nur eintreten, wenn dem Arbeitslosen zuvor konkrete Rechts­folgen­belehrungen erteilt worden sind und zudem bereits ein Bescheid über eine vorausgegangene Sperrzeit ergangen ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor.

In den zugrunde liegenden Fällen wurden hatte die Arbeits­ver­waltung erst deutlich nach dem mehrfachen möglichen versi­che­rungs­widrigen Verhalten zeitgleich mehrere Bescheide über Sperrzeiten mit unter­schied­licher Dauer erlassen. Gegenüber der bisherigen generellen Praxis der Bundesagentur für Arbeit hat das Bundes­so­zi­al­gericht damit erhöhte Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung für solche Sperrzeiten formuliert, die über eine Dauer von drei Wochen hinausgehen.

Belehrung über leistungs­rechtliche Konsequenzen muss individuell erfolgen

Einheitliche Rechts­fol­gen­be­leh­rungen, die - wie in den entschiedenen Fallge­stal­tungen - auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen bei einem wiederholten versi­che­rungs­widrigen Verhalten hinweisen und damit lediglich den Gesetzestext wiederholen, sind keine wirksamen Rechts­fol­gen­be­leh­rungen für Sperrzeiten mit einer Dauer von sechs oder zwölf Wochen. Mit den Grundsätzen einer individuellen Vermittlung ist verbunden, dass hinsichtlich der leistungs­recht­lichen Konsequenzen im konkreten Fall belehrt werden muss.

Rückweisung der Sache an das Landes­so­zi­al­gericht

Ausgehend hiervon kommt in der Sache B 11 AL 14/18 R schon deshalb nur eine dreiwöchige Sperrzeit in Betracht. Allerdings sind weitere Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts erforderlich, weshalb die Sache zurückverwiesen wurde.

Leistungs­be­wil­ligung kann nicht zeitgleich wegen mehrerer Sperrzeiten aufgehoben werden

Gleichfalls in Abweichung von der bisherigen Praxis der Arbeits­ver­waltung hat das Bundes­so­zi­al­gericht aus der systematischen Regelungs­struktur der Sperr­zeit­vor­schriften und den Grundsätzen zu deren verfah­rens­recht­licher Umsetzung abgeleitet, dass die besonderen Rechtsfolgen einer zweiten und dritten Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen nur eintreten können, wenn das vorangegangene versi­che­rungs­widrige Verhalten durch einen Verwaltungsakt umgesetzt worden ist. Wegen der vom Gesetz geforderten Abfolge von erstem, zweitem und weiterem versi­che­rungs­widrigen Verhalten muss auch die Umsetzung zeitlich gestaffelt stattfinden. Ausgehend hiervon konnte die sechswöchige Sperrzeit im Verfahren B 11 AL 17/18 R keinen Bestand haben, weil die Agentur für Arbeit erst zu einem späteren Zeitpunkt die Leistungs­be­wil­ligung zeitgleich wegen mehrerer Sperrzeiten aufgehoben hat.

Hinweise zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 159 SGB III - Ruhen bei Sperrzeit

(1) 1 Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versi­che­rungs­widrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. 2 Versi­che­rungs­widriges Verhalten liegt vor, wenn [...]

2. die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstel­lungs­ge­spräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeits­ab­lehnung),

(4) 1 Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeits­ab­lehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Einglie­de­rungs­maßnahme oder bei Abbruch einer beruflichen Einglie­de­rungs­maßnahme beträgt

1. im Fall des erstmaligen versi­che­rungs­widrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,

2. im Fall des zweiten versi­che­rungs­widrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,

3. in den übrigen Fällen zwölf Wochen. [...]

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online (pm/kg)

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