18.10.2024
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Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.

Dokument-Nr. 10481

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Urteil28.10.2010BundesgerichtshofXa ZR 46/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2011, 17Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 17
  • NJW 2011, 371Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 371
  • VersR 2011, 1068Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2011, Seite: 1068
  • VuR 2011, 228Zeitschrift: Verbraucher und Recht (VuR), Jahrgang: 2011, Seite: 228
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil28.09.2009, 29 C 2763/08-86
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil04.03.2010, 2-24 S 211/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.10.2010

BGH zur Haftung des Reise­veranstalters für Bahn­verspätungen beim Angebot eines Rail & Fly TicketsIm Gesam­t­rei­sepreis enthaltener Bahntransfer ist als Indizien für Eigenleistung des Reise­ver­an­stalters zuwerten

Ein Reisender, der ein "Rail & Fly Ticket"-Angebot eines Reise­ver­an­stalters bucht, hat Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Kosten durch den Reise­ver­an­stalter, wenn er aufgrund einer Bahnverspätung seinen Anschlussflug verpasst und sein Reiseziel dadurch erst mit deutlicher Verspätung erreicht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Reisende selbst um die Auswahl einer passenden Zugverbindung zum Flughafen kümmern muss. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall verlangt die Klägerin von der beklagten Reise­ver­an­stalterin die Erstattung von Zusatzkosten und Aufwendungen, die ihr wegen eines verpassten Fluges entstanden sind. Sie hatte bei der Beklagten eine All-Inclusive-Flugpau­scha­lreise von Düsseldorf nach Samaná in der Dominikanischen Republik gebucht. Der Hinflug sollte am 19. Juni 2007 um 11.15 Uhr starten. Für die Anreise zum Flughafen nahm die Klägerin das "MEIER`S WELTREISEN Rail & Fly Ticket" in Anspruch. Zu diesem Ticket wurde in der Katalog­be­schreibung und in einem der Klägerin ausgehändigten Infor­ma­ti­o­nsblatt der Beklagten ausgeführt:

Erläuterungen
"Kein Stress und kein Stau mit dem ‚MEIER"S WELTREISEN Rail & Fly Ticket". Bei jeder Flugbuchung aus diesem Katalog ist das ‚MEIER"S WELTREISEN Rail & Fly Ticket" 2. Klasse der Deutschen Bahn AG zum Flughafen bereits im Preis enthalten! … Bitte wählen Sie Ihre Verbindung möglichst so, dass Sie den Abflughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreichen...".

Bahnverspätung führt zu verpasstem Flug gebuchter Reise

Die Klägerin wählte einen Zug aus, der planmäßig um 9.08 Uhr am Flughafen Düsseldorf ankommen sollte. Tatsächlich erreichte sie den Flughafen infolge einer Zugverspätung erst um 11.45 Uhr und verpasste den Hinflug der gebuchten Reise. Nach Rücksprache mit der Beklagten reiste sie mit der Bahn nach München und flog von dort aus am nächsten Tag in die Dominikanische Republik.

Vorinstanzen geben Rückerstattung für Zusatzkosten statt

Die Vorinstanzen haben der Klage auf Rückerstattung der Zusatzkosten für die geänderte Anreise sowie Ersatz der hierdurch entstandenen Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Taxi stattgegeben.

Reise­ver­an­stalter muss für Mehrkosten aufgrund des verspäteten Bahntransfers und geänderter Anreise zum Reiseziel aufkommen

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Vorinstanz zurückgewiesen. Die Beklagte hat aus der maßgeblichen Sicht eines durch­schnitt­lichen Reisenden mit ihrem Gesamtverhalten den Eindruck vermittelt, dass sie den Bahntransfer als eigene Leistung anbiete und für den Erfolg einstehen wolle. Das Berufungs­gericht hat die Bezeichnung des Tickets, die Bewerbung als "bequemen Anreiseservice von MEIER`S WELTREISEN" und den Umstand, dass der c. Dass die Auswahl der Bahnverbindung zum Flughafen dem Reisenden überlassen ist, führt jedenfalls dann nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn der Reiseveranstalter - wie hier - den Transfer ausdrücklich als eigene Leistung bewirbt, die Vorzüge gegenüber anderen Anrei­semög­lich­keiten hervorhebt und detaillierte Hinweise zur Auswahl der Bahnverbindung gibt. Da die Klägerin ihre Anreise mit dem Zug gemäß den Vorgaben der Beklagten hinreichend sorgfältig geplant hatte, muss die Beklagte für die Mehrkosten im Wege der Abhilfe nach § 651 c BGB* der wegen des verspäteten Bahntransfers geänderten Anreise zum Reiseziel aufkommen. Über Schadensersatz- und Minde­rungs­ansprüche war im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

* § 651 c BGB

Abhilfe

(1) Der Reise­ver­an­stalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

(2) Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende Abhilfe verlangen. Der Reise­ver­an­stalter kann die Abhilfe verweigern, wenn sie einen unver­hält­nis­mäßigen Aufwand erfordert.

(3) Leistet der Reise­ver­an­stalter nicht innerhalb einer vom Reisenden bestimmten angemessenen Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe von dem Reise­ver­an­stalter verweigert wird oder wenn die sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse des Reisenden geboten wird.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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