In dem zugrunde liegenden Fall wurde die Tochter einer Heimbewohnerin zur Leistung eines Elternunterhalts verpflichtet. Da die Mutter nicht in der Lage war, die Kosten des Heimaufenthalts vollständig zu zahlen, erhielt sie Sozialhilfe. Das Sozialamt war der Meinung, die Tochter sei, aufgrund des ihr gegen ihren Ehemann zustehenden Taschengeldanspruchs, unterhaltsfähig. Zudem sei zu berücksichtigen gewesen, dass sie in einer Eigentumswohnung wohnte und somit ein Einkommen im Sinne eines Wohnwerts erhalten habe. Die Tochter war nicht berufstätig. Sie bewohnte zusammen mit ihrem berufstätigen Ehemann die Eigentumswohnung. Da sich die Tochter weigerte zu zahlen, erhob das Sozialamt Klage. Das Amtsgericht Wolfsburg gab der Klage statt. Die Berufung der beklagten Tochter vor dem Oberlandesgericht Braunschweig blieb überwiegend erfolglos. Dagegen richtete sich ihre Revision.
Der Bundesgerichtshof entschied teilweise zu Gunsten der Beklagten. Eine Unterhaltspflicht der Tochter gegenüber der Mutter habe gemäß § 1601 BGB bestanden. Jedoch sei die Unterhaltsfähigkeit der Tochter durch das OLG Braunschweig falsch ermittelt worden.
Es sei nach Ansicht des BGH zum einen falsch, anzunehmen die Beklagte habe durch das Bewohnen einer Eigentumswohnung ein Einkommen erzielt. Sie komme lediglich in den Genuss des Vorteils mietfrei zu wohnen. Dadurch haben ihr jedoch keine Mittel zur Verfügung gestanden, die sie für die Unterhaltszahlung habe einsetzen können. Denn der Ehemann der Beklagten habe als Miteigentümer keine Nutzungsentschädigungen an die Beklagte zahlen müssen.
Die Unterhaltsverpflichtung habe aber aufgrund eines ihr gegen den Ehemann zustehenden Taschengeldanspruches bestanden, so der BGH weiter. Der Anspruch auf Taschengeld sei Bestandteil des Familienunterhalts gemäß §§ 1360, 1360 a BGB. Zum Familienunterhalt gehören neben den Kosten für Wohnung, Nahrung, Kleidung, medizinischer Versorgung, kulturelle Bedürfnisse, Kranken- und Altersvorsorge, Urlaub usw. auch ein Taschengeld. Dieser Geldbetrag solle nach Gutdünken und freier Wahl unabhängig eines Mitspracherechts des anderen Ehegatten der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse dienen. Das Taschengeld könne auch grundsätzlich zu Unterhaltszwecken herangezogen werden. Die Höhe des Taschengelds richte sich nach den bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten.
Vorliegend habe das OLG Braunschweig aber das Taschengeld falsch errechnet, da es von einem unzutreffenden Familienunterhalt ausgegangen sei.
Zwar sei es nach Auffassung des BGH richtig gewesen, bei der Berechnung des Familienunterhalts von dem Nettoeinkommen des Ehemanns auszugehen. Das OLG Braunschweig habe aber die zusätzliche Altersvorsorge des Ehemanns nur in Höhe von 5 % des Bruttojahreseinkommens berücksichtigt. Dies wäre hingegen nur dann zulässig gewesen, wenn der Ehemann selbst unterhaltspflichtig gewesen wäre. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen. Denn seine Ehefrau sei unterhaltspflichtig gewesen. Somit habe der Ehemann im Rahmen seiner Vermögensbildung mehr als die 5 % ansparen dürfen.
Der BGH führte schließlich aus, dass die Höhe des Unterhalts unangemessen gewesen sei. Es sei insofern zu berücksichtigen gewesen, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt gemäß § 1603 Abs. 1 BGB begrenzt gewesen sei. Die Vorschrift ermögliche nämlich jedem Unterhaltspflichtigen seinen eigenen angemessenen Unterhalt vorrangig zu sichern. Ihm sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur Deckung seines Lebensbedarfs brauche. Daher müsse das dem Ehegatten zustehende Taschengeld nicht in voller Höhe für den Elternunterhalt verwendet werden. Ein Betrag in Höhe von 5 -7 % sei ihm daher als Mindesttaschengeld anzuerkennen. Darüber hinaus müsse der Unterhaltspflichtige nur etwa die Hälfte des den Selbstbehalt übersteigenden Taschengelds für den Unterhalt verwenden. Es sei daher nicht angemessen gewesen, dass die Beklagte fast in Höhe des gesamten, dem Mindesttaschengeld übersteigenden Betrages, Unterhalt leisten sollte.
Die Entscheidung des OLG Braunschweigs habe daher aufgehoben und der Rechtsstreit zur Neuentscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.01.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)