21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil18.12.2019

"Erhöhtes Parkentgelt" für Kfz-Halter bei Verstoß gegen die Parkordnung und nur pauschalem Bestreiten der Fahre­rei­gen­schaft gerechtfertigtHalter muss im Rahmen der sekundären Darlegungslast möglichen Nutzer des Fahrzeugs zum fraglichen Zeitpunkt benennen

Der Bundes­ge­richtshof hat entscheid, das der Betreiber eines privaten Parkplatzes vom Halter eines unter Verstoß gegen die Parkbedingungen abgestellten Pkws ein sogenanntes erhöhtes Parkentgelt verlangen kann, wenn der Halter seine Fahre­rei­gen­schaft nur pauschal bestreitet, ohne den Fahrer zu benennen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, ein mit der Bewirtschaftung privaten Parkraums befasstes Unternehmen, betreibt für die jeweiligen Grund­s­tücks­ei­gentümer zwei Kranken­hauspa­rk­plätze. Diese sind durch Hinweisschilder als Privat­pa­rk­plätze ausgewiesen. Die Benutzung ist für eine Höchstparkdauer mit Parkscheibe kostenlos; zudem gibt es gesondert beschilderte, den Kranken­haus­mi­t­a­r­beitern mit Parkausweis vorbehaltene Stellflächen. Durch Schilder ist darauf hingewiesen, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen ein "erhöhtes Parkentgelt" von mindestens 30 Euro erhoben wird. Die Beklagte ist Halterin eines Pkws, der im Oktober 2015 auf dem Parkplatz des einen Krankenhauses unter Überschreitung der Höchstparkdauer sowie im Mai und im Dezember 2017 unberechtigt auf einem Mitar­bei­ter­pa­rkplatz des anderen Krankenhauses abgestellt war. Die drei am Pkw hinterlassenen Aufforderungen zur Zahlung eines "erhöhten Parkentgelts" blieben erfolglos. Daraufhin ermittelte die Klägerin durch Halteranfragen die Beklagte als die Fahrzeug­halterin. Diese bestritt, an den betreffenden Tagen Fahrerin des Pkws gewesen zu sein, und verweigerte die Zahlung.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Amtsgericht wies die auf Zahlung der "erhöhten Parkentgelte" sowie der Kosten der Halteranfragen und von Inkassokosten in einer Gesamthöhe von 214,50 Euro gerichtete Klage ab. Das Landgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurück, weil Schuldner des "erhöhten Parkentgelts" nicht der Fahrzeughalter, sondern nur der Fahrer sei und die Beklagte wirksam ihre Fahre­rei­gen­schaft bestritten habe.

BGH hebt Berufungsurteil auf

Die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Berufungs­urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Landgericht. Zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer kommt ein Nutzungsvertrag zustande, indem der Fahrzeugführer das in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt. Wird der Parkplatz - wie hier - unentgeltlich zur Verfügung gestellt, handelt es sich nicht um einen Miet-, sondern um einen Leihvertrag. Durch die Hinweisschilder wird das "erhöhte Parkentgelt" als Vertragsstrafe in Form Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Festlegung mit mindestens 30 Euro ist hinreichend bestimmt und der Höhe nach nicht unangemessen.

Haftung für Vertragsstrafe kann allein aus Halte­rei­gen­schaft abgeleitet werden

Zu Recht hat es das Landgericht zwar abgelehnt, eine Haftung der Klägerin für diese Vertragsstrafe allein aus ihrer Halte­rei­gen­schaft abzuleiten. Insbesondere schuldet der Halter keinen Schadensersatz wegen der Weigerung, die Person des Fahrzeugführers zu benennen, weil ihn gegenüber dem Parkplatz­be­treiber keine entsprechende Auskunfts­pflicht trifft.

Halter kann sich nicht auf einfaches Bestreiten seiner Fahre­rei­gen­schaft beschränken

Anders als das Landgericht meint, hat die Beklagte aber ihre Fahre­rei­gen­schaft nicht wirksam bestritten. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Halter eines Kfz auch dessen Fahrer war, besteht allerdings nicht, weil Halter- und Fahre­rei­gen­schaft in der Lebens­wirk­lichkeit häufig ausein­an­der­fallen. Jedenfalls wenn die Einräumung der Parkmöglichkeit, wie im vorliegenden Fall, unentgeltlich in Form einer Leihe erfolgt, kann sich der Halter jedoch nicht auf ein einfaches Bestreiten seiner Fahre­rei­gen­schaft beschränken. Vielmehr muss er im Rahmen seiner sogenannten sekundären Darlegungslast dazu vortragen, wer als Nutzer des Pkws im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kam.

Prozessgegner trifft sekundäre Darlegungslast

Die grundsätzlich dem Kläger obliegende Darlegungs- und Beweislast, hier für die Fahre­rei­gen­schaft, kann nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen eine Erleichterung erfahren. Danach trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darle­gungs­pflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, hierzu näher vorzutragen. Diese Voraussetzungen hat der Bundes­ge­richtshof für den vorliegenden Fall bejaht.

Feststellung der Identitäten der Parkplatznutzer für Betreiber nicht ohne weiteres möglich

Denn beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur - regelmäßig kurzzeitigen - Nutzung angeboten wird. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen Betreiber und Fahrer als den beiden Vertrags­parteien kommt es regelmäßig nicht. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatz­be­treiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts und liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehr­s­öf­fent­lichkeit. Er hat keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertrags­partners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen. Selbst wenn er - mittels gesteigerten Perso­na­l­aufwands - den Fahrer bei dessen Rückkehr zum Fahrzeug anhalten würde, könnte er dessen Personalien ebenso wenig ohne weiteres feststellen wie auf der Grundlage etwa von Videoaufnahmen. Jedenfalls von demjenigen, der Privat­pa­rk­plätze unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann auch nicht die Errichtung technischer Anlagen (etwa eines Schran­ken­systems) gefordert werden, die letztlich allein der Verhütung des Missbrauchs dieses Angebots dienen.

Benennung des Fahrers für Halter machbar und zumutbar

Im Gegensatz dazu ist es dem Halter, der unter Beachtung seiner prozessualen Wahrheits­pflicht bestreitet, selbst gefahren zu sein, regelmäßig selbst mit einem gewissen zeitlichen Abstand ohne weiteres möglich und zumutbar, jedenfalls die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Denn er hat es regelmäßig in der Hand, wem er sein das Fahrzeug überlässt.

LG muss erneut entscheiden

Das Landgericht wird der Beklagten daher nun Gelegenheit zu einem wirksamen Bestreiten ihrer Fahre­rei­gen­schaft unter Angabe der als Fahrer im Zeitpunkt des jeweiligen Parkverstoßes in Betracht kommenden Person einzuräumen und dann neu zu entscheiden haben.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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