18.10.2024
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Dokument-Nr. 22967

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Urteil29.06.2011BundesgerichtshofXII ZR 127/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2011, 1560Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2011, Seite: 1560
  • NJW 2011, 2884Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 2884
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Bensheim, Urteil07.01.2009, 72 F 108/07 UK
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil08.07.2009, 6 UF 31/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil29.06.2011

BGH: Kind verliert nicht Aus­bildungs­unterhalts­anspruch aufgrund verzögerten Beginns einer Ausbildung infolge Schwangerschaft und anschließender KinderbetreuungUnter­halts­berechtigte muss nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes und angemessener Übergangszeit Ausbildung aufnehmen

Ein unter­halts­berechtigtes Kind verliert seinen Anspruch auf Aus­bildungs­unterhalt gegenüber seinen Eltern nicht dadurch, dass es aufgrund einer Schwangerschaft und der anschließenden Kinderbetreuung die Erstausbildung verzögert beginnt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Unter­halts­berechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes unter Berück­sich­tigung einer angemessenen Übergangszeit aufnimmt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall begehrte die Tochter von ihrem Vater Ausbildungsunterhalt wegen der Aufnahme eines Studiums der Sozialpädagogik im Oktober 2006. Der Vater weigerte sich Unterhalt zu zahlen, weil die Tochter seiner Meinung nach schon viel früher mit dem Studium hätte anfangen können. Hintergrund dessen war, dass die Tochter bereits im Jahr 2001 ihr Abitur absolviert hatte. Die verspätete Aufnahme des Studiums war darauf zurückzuführen, dass sie zunächst im Jahr 2002 ein freiwilliges soziales Jahr ableistete und anschließend im Januar 2003 ein Kind geboren hatte. Dieses Kind betreute sie allein bis September 2006. Aufgrund der Weigerung des Vaters Ausbil­dungs­un­terhalt zu zahlen, erhob die Tochter Klage.

Amtsgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Während das Amtsgericht Bensheim die Klage abwies, gab ihr das Oberlan­des­gericht Frankfurt a.M. statt. Der Tochter habe ein Anspruch auf Ausbil­dungs­un­terhalt zugestanden. Dieser Anspruch sei nicht dadurch entfallen, dass sie im Anschluss an das Abitur und dem freiwilligen sozialen Jahr über einen Zeitraum von rund 3 ½ Jahren ihr nichteheliches Kind betreut habe. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Revision ein.

Bundes­ge­richtshof bejaht Anspruch auf Ausbil­dungs­un­terhalt

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts und wies daher die Revision des Vaters zurück. Der Tochter habe gemäß §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ausbil­dungs­un­terhalt zugestanden.

Kein Verstoß gegen Erwer­b­s­ob­lie­genheit

Zwar sei es richtig, so der Bundes­ge­richtshof, dass einem Kind die Obliegenheit treffe, die Ausbildung in angemessener Zeit aufzunehmen. Ein Schulabgänger müsse auf die Belange des Unter­halts­pflichtigen Rücksicht nehmen und sich in angemessener Zeit darüber klar werden, welche Ausbil­dungs­mög­lich­keiten zur Verfügung stehen. Er müsse sich unter Berück­sich­tigung einer Orien­tie­rungsphase alsbald um einen entsprechenden Ausbil­dungsplatz bemühen und die Ausbildung zielstrebig angehen. Ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit liege aber dann nicht vor, wenn der Unter­halts­be­rechtigte aufgrund einer Schwangerschaft und der anschließenden Kinderbetreuung die Erstausbildung verzögert beginne. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Unter­halts­be­rechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes unter Berück­sich­tigung einer angemessenen Übergangszeit aufnehme. So habe der Fall hier gelegen. Der Tochter sei keine Oblie­gen­heits­ver­letzung anzulasten gewesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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