21.11.2024
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Dokument-Nr. 15942

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss05.02.2013

Vater muss seiner erwachsenen Tochter nach abgebrochenem Erstsstudium Unterhalt für ein weiteres Studium zahlenTochter hat Anspruch auf Unterhalt für gesamten Lebensbedarf einschließlich Kosten für angemessene Berufs­aus­bildung

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat entschieden, dass ein Vater seiner volljährigen Tochter Unterhalt für ein aufgenommenes Journa­lis­tik­studium schuldet - auch zwar auch dann, wenn es sich um ein zweites Studium handelt, nach dem das Erststudium von der Tochter nach drei Semestern abgebrochen wurde.

Der im Jahre 1949 geborene Vater des zugrunde liegenden Falls, der für das Auswärtige Amt im europäischen Ausland berufstätig ist, hatte sich in einem im Jahre 2005 abgeschlossenen Vergleich gegenüber seiner im Jahre 1988 geborenen Tochter verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter stammt aus der im Jahre 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat zwei Geschwister. Sie lebte nach der Trennung der Eltern im Jahre 2001 mit der Mutter in Dortmund. Dort legte sie im Jahre 2008 das Abitur ab und begann danach zunächst ein Studium für Tourismus und Freizeit­ma­na­gement in den Niederlanden. Dieses brach sie Anfang 2010 ab, absolvierte in der Folgezeit mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprach­kenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik an einer Universität im Ruhrgebiet auf.

Vater hält Unter­halts­an­spruch für verwirkt

Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unter­halts­pflicht ab März 2010 berufen und u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht bedürftig, zum Studium nicht geeignet, verletze ihre Obliegenheiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt.

Gericht spricht Tochter Unterhalt von monatlich 350 Euro zu

Das Amtsgericht hat auf den Wegfall der Unter­halts­pflicht bis einschließlich September 2011 erkannt und für die Folgezeit einen Unterhalt von monatlich ca. 350 Euro zugesprochen. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen, mit der er sich gegen die ab Oktober 2011 fortbestehende Unter­halts­pflicht gewandt hat. Die Tochter habe, so das Gericht, gemäß § 1610 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufs­aus­bildung.

Tochter für gewähltes Studium geeignet

Für das im Jahre 2011 aufgenommene Journa­lis­tik­studium sei sie ausbil­dungs­ge­eignet. Die aus dem Abiturzeugnis ersichtlichen Leistungen disqua­li­fi­zierten sie nicht für das Studium, ihre bisher im Studium gezeigten Leistungen indizierten ihre Geeignetheit.

Jungen Menschen ist Orien­tie­rungsphase zur Berufswahl zuzubilligen

Die Tochter habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbil­dungs­ob­lie­genheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstausbildung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaft­lichen Verhältnissen anteilig zu alimentieren habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unter­halts­an­spruch, es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufswahl erwartet werden. Ihm sei eine Orien­tie­rungsphase zur Berufswahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwick­lungsstand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen und sich auch im Anschluss an dieses nicht sehr zielgerichtet im Hinblick auf ihr jetziges Studium verhalten habe. Nach den zeitlichen und familiären Umständen und unter Berück­sich­tigung des jetzt aufgenommenen Journa­lis­tik­studiums, bei dem es immer noch um die Erstausbildung der Tochter gehe, sei noch nicht von einer Oblie­gen­heits­ver­letzung der Tochter auszugehen.

Derzeitige Ausbildung der Tochter bedarf der Alimentation durch den Vater

Die Tochter habe auch nicht in unter­halts­re­le­vanter Weise gegen ihr obliegende Infor­ma­ti­o­ns­ob­lie­gen­heiten verstoßen und ihren Anspruch für die Zeit ab Oktober 2011 nicht verwirkt. Sie habe ihren Vater zwar im Hinblick auf die Studienerfolge des in den Niederlanden aufgenommenen Studiums unzutreffend unterrichtet und auch eigene Bezüge verschwiegen. In Bezug auf das jetzt aufgenommene Studium habe sie ihrer Infor­ma­ti­o­ns­pflicht nunmehr aber genügt. Durch dieses Studium sei eine neue Situation entstanden. Der Tochter sei zuzubilligen, ihr Studium zügig zu Ende zu führen, hierzu bedürfe es auch einer Alimentation durch ihren Vater.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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