18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 7924

Drucken
Urteil27.05.2009BundesgerichtshofXII ZR 111/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DNotZ 2010, 60Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2010, Seite: 60
  • FamRB 2009, 234Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2009, Seite: 234
  • FamRZ 2009, 1207Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2009, Seite: 1207
  • FamRZ 2009, 1308Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2009, Seite: 1308
  • JuS 2010, 74 (Marina Wellenhofer)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2010, Seite: 74, Entscheidungsbesprechung von Marina Wellenhofer
  • MDR 2009, 1045Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 1045
  • NJW 2009, 2450Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2009, Seite: 2450
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil27.06.2008, 13 UF 272/07
  • Amtsgericht Rheine, Urteil10.10.2007, 13 F 90/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.05.2009

BGH zur Dauer des nachehelichen Krankheits­unterhaltsUmstände und Dauer der Ehe entscheiden über Begrenzung der nachehelichen Unter­halts­zah­lungen

Die Umstände des Eheschlusses sowie Verlauf und Dauer der Ehe sind bei der Frage nach einer Befristung und Begrenzung eines nachehelichen Unter­halts­an­spruchs – besonders beim nachehelichen Krank­heits­un­terhalt – zu berücksichtigen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Die Parteien hatten im Jahre 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus der Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen, von denen nur noch die 1987 geborene Tochter, die im Haushalt der Klägerin lebt, unter­halts­be­dürftig ist. Die Ehe wurde 1998 geschieden.

Die Klägerin ist wegen einer im Jahre 1989 diagnos­ti­zierten Darmkre­bs­er­krankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwer­b­s­un­fä­hig­keitsrente, die sich gegenwärtig auf rund 1.040,- € beläuft. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwer­b­s­tä­tigkeit in Höhe von monatlich 349,- €. Der Beklagte erzielt als Beamter unter­halts­re­levante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 2.500,- €.

Oberlan­des­gericht lehnt Befristung des Unterhalts ab

Das Oberlan­des­gericht hatte den Beklagten zur Zahlung eines nachehelichen Krank­heits­un­terhalts in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103,- € verurteilt. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhalts hatte es abgelehnt. Mit seiner Revision hat der Beklagte weiterhin eine Befristung seiner Unterhaltspflicht beantragt. Die Klägerin hat mit Ihrer Anschluss­re­vision eine weitere Erhöhung ihres Unter­halts­an­spruchs, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209,- €, begehrt.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen, das angefochtene Urteil auf die Anschluss­re­vision der Klägerin aufgehoben und die Sache insoweit an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen.

Nach der gesetzlichen Regelung in § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Im Rahmen dieser Billig­keits­ab­wägung ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemein­schaft­lichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushalts­führung und Erwer­b­s­tä­tigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Solche ehebedingten Nachteile hatte das Oberlan­des­gericht hier nicht festgestellt, zumal die Erkrankung der Klägerin nicht durch die Ehe bedingt, sondern schicksalhaft ist.

Nacheheliche Solidarität ist bei Begrenzung des Unterhalts zu berücksichtigen

Der Bundes­ge­richtshof hat darauf hingewiesen, dass sich § 1578 b BGB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität berücksichtigt. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Krankheitsunterhalt gemäß § 1572 BGB an Bedeutung, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist. Auch der Umfang dieser geschuldeten nachehelichen Solidarität ist unter Berück­sich­tigung der im Gesetz genannten Umstände, also der Dauer der Pflege oder Erziehung gemein­schaft­licher Kinder, der Gestaltung von Haushalts­führung und Erwer­b­s­tä­tigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe zu bemessen.

Nach diesen Kriterien hatte der Bundes­ge­richtshof in einem früheren Fall die Befristung des nachehelichen Krank­heits­un­terhalts eines geschiedenen Ehemannes auf drei Jahre bestätigt, weil die Ehe lediglich 11 Jahre gedauert hatte, von denen die Ehegatten nur fünf Jahre zusammen gelebt hatten. Der unter­halts­be­rechtigte Ehemann verfügte dort über zwei Renten, die ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sicherten, während eine fortdauernde Unter­halts­pflicht für die unter­halts­pflichtige Ehefrau zu einer spürbaren Belastung geführt hätte.

Im vorliegenden Fall hat der Bundes­ge­richtshof dagegen eine Befristung abgelehnt und dabei der nachehelichen Solidarität der Ehegatten eine ausschlag­gebende Bedeutung eingeräumt. Maßgebend dafür waren die Umstände beim Eheschluss (Alter der Ehefrau, Schwangerschaft, Aufgabe der Berufs­aus­bildung) und der Verlauf der 26-jährigen Ehe, in der sich die Ehefrau ausschließlich der Haushalts­führung und Kindererziehung gewidmet hatte. All dies begründet ein besonders schutzwürdiges Vertrauen, das bei der Frage nach einer Befristung und Begrenzung des Unter­halts­an­spruchs zu berücksichtigen war.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 117/09 des BGH vom 28.05.2009

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil7924

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI