18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 17672

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Beschluss12.02.2014BundesgerichtshofXII ZB 607/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BerlinerAnwBl 2014, 74Zeitschrift: Berliner Anwaltsblatt (BerlinerAnwBl), Jahrgang: 2014, Seite: 74
  • FamRZ 2014, 541Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2014, Seite: 541
  • MDR 2014, 405Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 405
  • NJW 2014, 1177Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 1177
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Delmenhorst, Beschluss27.03.2012, 22 F 125/11 UK
  • Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss25.10.2012, 14 UF 80/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss12.02.2014

Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhalts­berechtigten gegenüber seinem volljährigen SohnVerwirkung des Eltern­un­terhalts nur bei schweren Verfehlungen i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB durch den Unterhalts­berechtigten

Ein vom Unterhalts­berechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn reicht für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht aus. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin, die Freie Hansestadt Bremen, verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt. Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebens­ver­si­cherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozial­ge­setzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 Euro in Anspruch.

OLG: Anspruch auf Elternunterhalt ist verwirkt

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlan­des­gericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechts­be­schwerde.

BGH: Anspruch auf Elternunterhalt trotz des Kontaktabbruchs zum Sohn nicht verwirkt

Der Bundes­ge­richtshof hat den Beschluss des Oberlan­des­ge­richts auf die Rechts­be­schwerde aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsge­richtliche Entscheidung wieder­her­ge­stellt. Der - zur Höhe unstreitige - Anspruch auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB* verwirkt.

Umstände, die das Verhalten des Unter­halts­be­rech­tigten als schwere Verfehlung erscheinen lassen, nicht nachweisbar

Ein vom unter­halts­be­rech­tigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unter­halts­be­rech­tigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Eltern­un­terhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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