24.11.2024
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Dokument-Nr. 16209

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Beschluss03.07.2013BundesgerichtshofXII ZB 220/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • jurisPR-FamR 18/2013, Anm. 4, Marko Oldenburgerjuris PraxisReport Familien- und Erbrecht (jurisPR-FamR), Jahrgang: 2013, Ausgabe: 18, Anmerkung: 4, Autor: Marko Oldenburger
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Mayen, Urteil31.10.2011, 8b F 585/10
  • Oberlandesgericht Koblenz, Urteil28.07.2013, 13 UF 1081/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss03.07.2013

Ausbildungs­unterhalt für Erstausbildung auch nach dreijähriger Verzögerung durch Praktika und Aushilf­s­tä­tig­keiten möglichBei nachweislichen Bemühungen um Erlangung eines Ausbil­dungs­platzes liegt keine Obliegenheits­verletzung seitens des Kindes vor

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Bezug von Ausbildungs­unterhalt für die Erstausbildung auch nach einer dreijährigen Verzögerung durch Praktika und Aushilf­s­tä­tig­keiten möglich ist.

Die 1989 geborene Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden, bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Noten­durch­schnitt von 3,6. Anschließend trat sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse ein und leistete Praktika zum Teil in der Erwartung, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbil­dungsplatz zu erhalten. Dadurch deckte sie ihren Unter­halts­bedarf in der Zeit von Juli 2007 bis Juli 2010 selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleische­rei­fach­ver­käuferin.

Familiengericht verpflichtet Vater zur Zahlung von Ausbil­dungs­un­terhalt

Das Familiengericht hat ihren Vater, den Antragsgegner, dazu verpflichtet, rückständigen Ausbil­dungs­un­terhalt ab September 2010 und laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 218,82 Euro zu zahlen. Das Oberlan­des­gericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechts­be­schwerde.

Zu den Voraussetzungen für den Erhalt von Ausbil­dungs­un­terhalt

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs ist der aus §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufs­aus­bildung vom Gegen­sei­tig­keits­prinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern auf Ermöglichung einer Berufs­aus­bildung steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Verletzt das Kind nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwer­b­s­tä­tigkeit selbst zu verdienen.

Auch bei dreijähriger Verzögerung der Aufnahme einer Erstausbildung kann Anspruch auf Ausbil­dungs­un­terhalt bestehen

Mit seiner Entscheidung hat der Bundes­ge­richtshof klargestellt, dass auch eine dreijährige Verzögerung der Aufnahme einer Erstausbildung infolge zwischen­zeitlich geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen kann, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen.

Praktika zur Erlangung eines Ausbil­dungs­platzes für Bewerber mit schwachem Schul­ab­gangs­zeugnis mitunter notwendig

Bewerber mit schwachem Schul­ab­gangs­zeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufs­o­ri­en­tie­rung­s­praktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilf­s­tä­tigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbil­dungs­platzes geschehe.

Die maßgeblichen Normen des BGB lauten wie folgt:

§ 1601 Unter­halts­ver­pflichtete

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

§ 1610 Maß des Unterhalts

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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