23.11.2024
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Dokument-Nr. 30983

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Bundesgerichtshof Beschluss06.10.2021

Fehlende Zuständigkeit der Famili­en­ge­richte für Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf Corona-SchutzmaßnahmenFamili­en­recht­liches Verfahren ohne Rechts­weg­ver­weisung einzustellen

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat - ebenso wie in mehreren Paral­lel­ver­fahren - über die Zuständigkeit der Famili­en­ge­richte für den Erlass von Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf das Unterlassen von Corona-Schutzmaßnahmen entschieden.

Mit einem an das Familiengericht gerichteten Schreiben hat die Beteiligte darum nachgesucht, ein Verfahren nach § 1666 BGB* zu eröffnen und gegenüber den Lehrkräften und der Schulleitung der von ihrer 15jährigen Tochter besuchten Gesamtschule einstweilig anzuordnen, die schulintern getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandsgebote und gesundheitliche Testungen, vorläufig auszusetzten.

Bundes­ge­richtshof entscheidet über Zuständigkeit

Das Familiengericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Verwaltungsgericht verwiesen. Das Verwal­tungs­gericht hat die ihm übersandten Verfahrensakten an das Familiengericht "zustän­dig­keits­halber zurückgesandt" und dabei den Rechts­s­tandpunkt eingenommen, dass das Familiengericht zuständig und die Verweisung an das Verwal­tungs­gericht wegen eines groben Verfah­rens­ver­stoßes nicht bindend sei. Daraufhin hat das Familiengericht die Sache dem Bundes­ge­richtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Über einen negativen Kompe­tenz­konflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet dasjenige oberste Bundesgericht, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird, im vorliegenden Fall somit der Bundes­ge­richtshof.

Schulen fallen in den Kompe­tenz­bereich der Verwal­tungs­ge­richte

Das Familiengericht hat bei einer Gefährdung des Kindeswohls von Amts wegen die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Dabei kann das Gericht in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen (§ 1666 Abs. 1, 4 BGB). Der Bundes­ge­richtshof hat klargestellt, dass damit jedoch keine Befugnis des Famili­en­ge­richts zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber schulischen Behörden verbunden ist. Im Rahmen des schulischen Sonder­rechts­ver­hält­nisses sind die zuständigen Behörden ihrerseits an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behör­den­handelns - auch hinsichtlich Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen in den jeweiligen Schulen - obliegt hierbei allein den Verwal­tungs­ge­richten. Eine Rechts­weg­ver­weisung des Famili­en­ge­richts an das Verwal­tungs­gericht kommt jedoch wegen unüberwindbar verschiedener Prozess­grundsätze des von Amts wegen zu betreibenden famili­en­ge­richt­lichen Verfahrens einerseits und des Klage- bzw. Antrags­ver­fahrens der Verwal­tungs­ge­richts­barkeit andererseits nicht in Betracht. Das famili­en­ge­richtliche Verfahren war deshalb ohne Rechts­weg­ver­weisung einzustellen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/aw)

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