21.11.2024
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Dokument-Nr. 25395

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Urteil16.01.2018BundesgerichtshofX ZR 44/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 1534Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 1534
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Düsseldorf, Urteil17.08.2016, 22 C 89/16
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil21.04.2017, 22 S 254/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.01.2018

Erstattung des Reisepreises nach Änderung der Reiseleistung durch Reise­ver­an­stalter möglichNachträgliche Leistung­s­än­de­rungen nur bei rechtswirksam im Reisevertrag vereinbartem Vorbehalt zulässig

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Reisende gemäß § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten können.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens verlangten von dem beklagten Reiseveranstalter Erstattung des Reisepreises nach erklärtem Rücktritt. Die Kläger buchten bei der Beklagten für den Zeitraum vom 30. August bis 13. September 2015 eine China-Rundreise. Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte die Beklagte den Klägern per E-Mail mit, dass aufgrund einer Militärparade im September 2015 die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten. Die Kläger erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag. Sie machten die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3.298 Euro, Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorge­richt­licher Rechts­an­walts­kosten geltend.

Verfahrensgang

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises bestätigt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

BGH bejaht Rücktritt vom Reisevertrag bei Änderung einer wesentlichen Reiseleistung

Der Bundes­ge­richtshof erklärte die Revision der Beklagten für unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht ein Rücktrittsrecht der Kläger bejaht. Der Reisende kann nach § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei einer - im Streitfall zu bejahenden - erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten.

Änderungs­klausel in allgemeinen Reise­be­din­gungen des beklagten Reise­ver­an­stalters unwirksam

Abgesehen von geringfügigen vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen ist eine nachträgliche Leistung­s­än­derung nur zulässig, wenn der Reise­ver­an­stalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Reise­be­din­gungen des Veranstalters in Betracht kommt. Im Streitfall fehlt es an einem wirksamen Vorbehalt, da die Änderungs­klausel in den allgemeinen Reise­be­din­gungen des beklagten Reise­ver­an­stalters unwirksam ist. Der Reise­ver­an­stalter kann sich nach § 308 Nr. 4 BGB nur solche Leistung­s­än­de­rungen vorbehalten, die unter Berück­sich­tigung der Interessen des Reise­ver­an­stalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reise­ver­an­stalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen.

Änderung der Reiseleistung stellt mehr als nur geringfügige Beein­träch­tigung dar

Jedenfalls unter Berück­sich­tigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistung­s­än­de­rungen liegt im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vor. Stellt diese sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise dar, kann die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung schon dann als erheblich anzusehen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehens­wür­dig­keiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Sie wurde durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels mehr als nur geringfügig beeinträchtigt.

§ 308 BGB

In Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen ist insbesondere unwirksam

[...]

4. (Änderungs­vor­behalt)

die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berück­sich­tigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.

§ 651 a BGB

(1) Durch den Reisevertrag wird der Reise­ver­an­stalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reise­ver­an­stalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.

[...]

(5) Der Reise­ver­an­stalter hat eine Änderung des Reisepreises nach Absatz 4, eine zulässige Änderung einer wesentlichen Reiseleistung oder eine zulässige Absage der Reise dem Reisenden unverzüglich nach Kenntnis von dem Änderungs- oder Absagegrund zu erklären. Im Falle einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als fünf vom Hundert oder einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung kann der Reisende vom Vertrag zurücktreten. Er kann stattdessen, ebenso wie bei einer Absage der Reise durch den Reise­ver­an­stalter, die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen anderen Reise verlangen, wenn der Reise­ver­an­stalter in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis für den Reisenden aus seinem Angebot anzubieten. Der Reisende hat diese Rechte unverzüglich nach der Erklärung durch den Reise­ver­an­stalter diesem gegenüber geltend zu machen.

§ 651 c Abs. 1 BGB

Der Reise­ver­an­stalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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