18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil16.10.2013

Kündigung wegen Eigenbedarfs durch neuen Eigentümer bei einer im Mietvertrag enthaltenen Kündigungs­beschränkung unzulässigBGH zur Anwendbarkeit des § 573 a BGB bei einer mietver­trag­lichen Kündigungs­beschränkung

Der Erwerber von vermietetem Wohnraum tritt nach § 566 Abs. 1 BGB an die Stelle des bisherigen Vermieters. Er übernimmt alle aus dem Mietverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten. Daher muss sich der Erwerber auch an Kündigungs­beschränkungen halten, die in dem Mietvertrag vereinbart wurden und darf nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Streitfall mietete die Beklagte mit Vertrag vom 12. März 1998 eine Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrfa­mi­li­en­hauses in Berlin. Bei Vertragsschluss befanden sich in dem Gebäude drei einzeln vermietete Wohnungen. In § 4 des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrags heißt es unter anderem:

Erläuterungen
"Die [Vermieterin] wird das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Sie kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen der [Vermieterin] eine Beendigung des Mietver­hält­nisses notwendig machen. Die fristlose Kündigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften (siehe Nr. 9 AVB)."

Weiterverkauf des Gebäudes erfolgte ohne Mieter­schutz­be­stimmung

Im Juli 2006 verkaufte die ursprüngliche Vermieterin das Gebäude. Der notarielle Kaufvertrag enthielt eine an spätere Erwerber weiterzugebende Mieter­schutz­be­stimmung, die eine Kündigung wegen Eigenbedarfs und die Verwer­tungs­kün­digung ausschloss. Der Weiterverkauf an die Kläger im Jahr 2009 erfolgte ohne die Mieter­schutz­be­stimmung. Die Kläger legten die beiden Wohnungen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss zusammen und bewohnen sie seitdem.

Neuer Eigentümer kündigt Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs

Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 2. November 2009 zum 31. Juli 2010, da sie die Wohnung der Schwester der Klägerin überlassen wollten. Am 30. Juni 2010 kündigten sie nochmals vorsorglich wegen Eigenbedarfs und stützten die Kündigung hilfsweise auf § 573 a BGB*. Die Beklagte widersprach beiden Kündigungen unter Berufung auf Härtegründe.

Erwerber vermieteten Wohnraums tritt anstelle des Vermieters in Rechte und Pflichten aus Mietverhältnis ein

Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen, das Landgericht hat ihr unter Abänderung des amtsge­richt­lichen Urteils stattgegeben. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision hatte Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass eine Kündigung nach § 573 a Abs. 1 Satz 1 BGB durch die im Mietvertrag enthaltene Kündi­gungs­be­schränkung ausgeschlossen ist. Gemäß § 566 Abs. 1 BGB* tritt der Erwerber vermieteten Wohnraums anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Dies gilt auch für die Kündi­gungs­be­schränkung. Überdies hat das Berufungs­gericht zu der Frage, ob die Beklagte nach § 574 Abs. 1 BGB* die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses verlangen kann, rechts­feh­lerhaft den wesentlichen Kern des Sachver­stän­di­gen­gut­achtens zu den schwerwiegenden Krank­heits­sym­ptomen der Beklagten nicht zu Kenntnis genommen und die gebotene Abwägung dieser Umstände mit dem Erlan­gungs­in­teresse der Kläger unterlassen. Da das Berufungs­gericht über die - nicht generell von der Kündi­gungs­be­schränkung erfasste - Eigenbedarfskündigung noch nicht entschieden hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Berufungs­ge­richts zurück­zu­ver­weisen.

* § 573 a BGB

(1) Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. [...]

* 566 BGB

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. [...]

* § 574 BGB

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietver­hält­nisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushaltes eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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