18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 3205

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Urteil18.10.2006BundesgerichtshofVIII ZR 52/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2006, 1542Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2006, Seite: 1542
  • IMR 2006, 180Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2006, Seite: 180
  • MietRB 2007, 3Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2007, Seite: 3
  • NJW 2006, 3778Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2006, Seite: 3778
  • NZM 2006, 924Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2006, Seite: 924
  • WuM 2006, 677Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2006, Seite: 677
  • ZMR 2007, 28Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2007, Seite: 28
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Mannheim, Urteil30.03.2005, 8 C 8/05
  • Landgericht Mannheim, Urteil08.02.2006, 4 S 52/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.10.2006

BGH: Starre Abgel­tungs­klauseln in Mietverträgen sind unwirksam"Starre" Fristen und Prozentsätze für Schönheits­reparaturen benachteiligen den Mieter

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass formular­vertragliche Abgel­tungs­klauseln in Wohnraum­mietverträgen, die sich an "starren" Fristen und Prozentsätzen ausrichten, unwirksam sind, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Formularmäßige Wohnraum­miet­verträge enthalten in der Praxis meist Klauseln, die den Mieter während des laufenden Mietver­hält­nisses innerhalb bestimmter Fristen zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichten. Der hier vom Bundes­ge­richtshof entschiedene Fall betraf eine damit verwandte, in formularmäßigen Wohnraum­miet­ver­trägen ebenfalls häufig gebrauchte, sogenannte Abgeltungsklausel. Der Zweck von Abgel­tungs­klauseln besteht darin, dem Vermieter, der von dem ausziehenden Mieter mangels Fälligkeit der Schön­heits­re­pa­raturen keine Endrenovierung verlangen kann, einen prozentualen Anteil an Renovie­rungs­kosten für den Abnut­zungs­zeitraum seit den letzen Schön­heits­re­pa­raturen während der Mietzeit zu sichern.

In dem zugrunde liegenden Fall hat der Mieter am Ende der rund zweijährigen Mietzeit Rückzahlung der Kaution verlangt. Die Vermieterin hat die Kaution mit zeitanteiligen Renovie­rungs­kosten verrechnet. Nach der im Mietvertrag der Parteien enthaltenen Abgel­tungs­klausel muss der Mieter, wenn er vor Ablauf der für die Schön­heits­re­pa­raturen im Allgemeinen vorgesehenen Fristen auszieht, seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schön­heits­re­pa­raturen durch anteilige Zahlung der Kosten der Schön­heits­re­pa­raturen nach festgelegten Prozentsätzen, die sich in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer erhöhen, nachkommen. Beispielsweise bestimmt die Klausel, dass der Mieter nach einer Nutzungsdauer von mehr als zwei, aber nicht mehr als drei Jahren für Küche und Bad 66 % der Kosten der Schön­heits­re­pa­raturen zu entrichten habe, für Wohn- und Schlafzimmer 40 % und für Nebenräume 42,85 %.

Das Amtsgericht hat der Klage des Mieters auf Rückzahlung der Kaution im Wesentlichen stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen. Es hat das auf die Abgel­tungs­klausel gestützte Zahlungs­ver­langen der Vermieterin als unbegründet erachtet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam sei (§ 307 BGB), weil sie eine Kosten­be­tei­ligung des Mieters auf der Grundlage "starrer" Fristen und Prozentsätze vorsehe.

Der Bundes­ge­richtshof hat die vom Landgericht zugelassene Revision der Vermieterin zurückgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs sind Formu­l­a­r­be­stim­mungen unwirksam, wenn sie dem Mieter die Ausführung von Schön­heits­re­pa­raturen während des laufenden Mietver­hält­nisses nach einem "starren" Fristenplan auferlegen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 - Schönheits­repara­tur­klausel: Starre Fristen sind unwirksam). Denn dadurch kann der Mieter mit Renovie­rungs­ver­pflich­tungen belastet werden, obwohl unter Umständen tatsächlich noch kein Renovie­rungs­bedarf besteht, weil der Mieter die Wohnung beispielsweise nur unter­durch­schnittlich genutzt hat. Der Bundes­ge­richtshof hat nunmehr entschieden, dass diese Erwägungen auf Abgel­tungs­klauseln zu übertragen sind. Abgel­tungs­klauseln auf einer "starren" Berech­nungs­grundlage benachteiligen den Mieter unangemessen, weil sie keine Berück­sich­tigung des tatsächlichen Erhal­tungs­zu­stands der Wohnung zulassen. Denn bei einem überdurch­schnitt­lichen Erhal­tungs­zustand der Wohnung führt eine "starre" Abgel­tungs­re­gelung dazu, dass der Mieter mit (erheblich) höheren zeitanteiligen Renovie­rungs­kosten belastet wird, als es dem tatsächlichen Zustand der Wohnung entspricht. Soweit der Bundes­ge­richtshof Abgel­tungs­klauseln mit "starren" Fristen und Prozentsätzen in früheren Entscheidungen als wirksam angesehen hat (z.B. Urteil vom 6. Oktober 2004 – VIII ZR 215/03), hält er daran nicht fest.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 141/06 des BGH vom 18.10.2006

der Leitsatz

BGB §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 535 Abs. 1 Satz 2

Eine Formularklausel in einem Mietvertrag, die den Mieter bei Beendigung des Mietver­hält­nisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schön­heits­re­pa­raturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichtet, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovie­rungs­bedarf aufgrund des tatsächlichen Erschei­nungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist (Abgel­tungs­klausel mit "starrer" Abgeltungsquote), ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

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