18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Bundesgerichtshof Urteil14.12.2016

Mieter haftet nicht für Schäden nach polizeilicher Wohnungs­durchsuchungBGH entscheidet zur Frage der Verant­wort­lichkeit des Mieters für Wohnungsschäden nach Polizei-Durchsuchung

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Mieter, der in seiner Wohnung illegale Betäu­bungs­mittel aufbewahrt, gegen seine mietver­trag­lichen Pflichten verstößt und inwieweit er dem Vermieter zum Ersatz von Schäden verpflichtet ist, die im Rahmen eines gegen den Mieter geführten Ermittlungs­verfahrens bei der polizeilichen Durchsuchung der Wohnung entstehen.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls war Mieter einer im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnung. Diese Wohnung wurde Ende Juni 2013 aufgrund eines richterlichen Beschlusses durchsucht, der auf den Verdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäu­bungs­mitteln in nicht geringer Menge im Tatzeitraum Januar bis Oktober 2012 gestützt war. Von diesem Tatvorwurf wurde der Beklagte später rechtskräftig freigesprochen.

Im Rahmen der Durchsuchung waren allerdings 26 Gramm Marihuana aufgefunden und sichergestellt worden. Insoweit wurde der Beklagte wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäu­bungs­mitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Vermieterin verlangt Ersatz der Reparaturkosten

Die Klage der Vermieterin auf Ersatz der Reparaturkosten der beim Polizeieinsatz beschädigten Wohnungs­ein­gangstür blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen und allein vom Bundesland als Träger der Polizei im Wege der Streithilfe eingelegten Revision verfolgt dieses das Klagebegehren für die Klägerin weiter.

Vermieter hat durch Aufbewahrung illegaler Betäu­bungs­mittel grundsätzlich mietver­tragliche Obhutspflichten verletzt

Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision zurück, da - jedenfalls auf der Grundlage der insoweit maßgebenden tatsächlichen Feststellungen der Instanzgerichte - der Beklagte die der Vermieterin entstandenen Schäden nicht verursacht hat. Zwar hat der Beklagte mit der Aufbewahrung von 26 Gramm Marihuana in der Wohnung die Grenzen vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten und seine gegenüber dem Vermieter bestehende mietver­tragliche Obhutspflicht verletzt. Denn ein Mieter hat die Mietsache schonend und pfleglich zu behandeln und bei ihrer Benutzung alles zu unterlassen, was zu einer - von dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Verbrauch nicht umfassten - Verschlech­terung oder einem Schaden an dieser führen kann. Bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung muss derjenige, der seine Wohnung als Aufbe­wah­rungsort für illegale Betäubungsmittel nutzt oder zur Verfügung stellt, damit rechnen, dass es im Zuge aufgrund dessen durchgeführter straf­pro­zes­sualer Maßnahmen - wie Durchsuchungen - zu Schäden an der Wohnung kommen kann.

Kausa­l­zu­sam­menhang zwischen Pflicht­ver­letzung und Schäden nicht gegeben

Im vorliegenden Fall fehlte es aber an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der allein feststellbaren Pflichtverletzung - Aufbewahrung von 26 g Marihuana in der Wohnung im Juni 2013 - und den bei der Durchsuchung entstandenen Schäden. Denn der dem Durch­su­chungs­be­schluss zugrunde liegende Tatverdacht (unerlaubtes Handeltreiben in nicht geringer Menge im Zeitraum Januar bis Oktober 2012) hat sich weder im Strafverfahren bestätigt noch wurden im vorliegenden Zivilprozess gegenteilige Feststellungen getroffen.

Die danach allein verbleibende, in der Aufbewahrung der 26 Gramm Marihuana in der Wohnung im Juni 2013 liegende Pflicht­ver­letzung des Beklagten kann hinweggedacht werden, ohne dass der bei der Durchsuchung eingetretene Schaden an der Wohnungstür entfiele. Die Ermitt­lungs­maß­nahmen wären in gleicher Weise durchgeführt worden, wenn der Beklagte diese Betäu­bungs­mittel nicht erworben und in der Wohnung aufbewahrt hätte. Ohne entsprechenden Kausalzusammenhang - die so genannte conditio sine qua non - fehlt es aber bereits am Grund­e­r­for­dernis einer jeden Schadens­zu­rechnung und ist eine Ersatzpflicht des Beklagten deshalb - auch nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen (§ 823 BGB) - ausgeschlossen.

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Vermieter ein Entschä­di­gungs­an­spruch gegen das Bundesland als Träger der Polizei zustehen kann, stellte sich im vorliegenden Verfahren nicht.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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