21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 8610

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Urteil14.10.2009BundesgerichtshofVIII ZR 354/08
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hannover, Urteil17.10.2007, 533 C 4591/07
  • Landgericht Hannover, Urteil02.05.2008, 13 S 85/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.10.2009

BGH: Einschränkung einer Garan­tie­ver­ein­barung für Gebrauchtwagen unzulässigKlausel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam

Die Einstands­pflicht aus einem Garantievertrag für ein Kraftfahrzeug kann im Schadensfall nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine formularmäßig vorgesehene Inspektion beim Verkäufer durchgeführt und eine Rechnung über die schon erfolgte Reparatur vorgelegt werden muss. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Kläger erwarb von einer Autohändlerin einen zehn Jahre alten Pkw Mercedes Benz C 280 mit einer Fahrleistung von 88.384 km. Die Verkäuferin gewährte dabei auf bestimmte Bauteile eine Garantie, der die Beklagte beitrat. Die Garan­tie­be­din­gungen erlegen dem Käufer/Garantienehmer umfangreiche "Pflichten" auf: Unter anderem muss er die vom Hersteller vorge­schriebenen oder empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber durchführen; sofern dies z.B. aus Entfer­nungs­gründen nicht zumutbar ist, hat er vor der Beauftragung einer anderen Werkstatt eine entsprechende "Freigabe" des Verkäufers/Garantiegebers einzuholen. Nach § 6 der Garan­tie­be­din­gungen hat der Käufer eine Repara­tur­rechnung vorzulegen, aus der die ausgeführten Arbeiten, die Ersatz­teil­preise und die Lohnkosten mit Arbeits­zeit­werten im Einzelnen ersichtlich sind.

Garantiegeber sieht sich von Leistungs­pflicht befreit

Der Kläger ließ im Dezember 2006 die 100.000-km-Inspektion von einer anderen Repara­tur­werkstatt durchführen. Dabei wurde ein Motorschaden festgestellt. Der Kläger hat auf der Grundlage eines Kosten­vor­an­schlags von der Beklagten die Zahlung von 1.077,55 € verlangt. Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei von ihrer Leistungs­pflicht befreit, weil die 90.000 km-Inspektion nicht durchgeführt worden sei. Außerdem entstünden Ansprüche aus der Garantie erst mit der Durchführung der Reparatur und Vorlage der Repara­tur­rechnung.

Gericht gibt Garan­tie­an­spruch statt

Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungs­gericht der Klage in Höhe von 1.000 € - des Höchstbetrags der Garantie für Fahrzeuge dieses Alters - nebst Zinsen stattgegeben. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Notwendigkeit einer Genehmigung zur Durchführung einer Inspektion in einer anderen Werkstatt nicht ersichtlich

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Beklagte aus der übernommenen Garantie haftet. Die Beklagte ist nicht deswegen von ihrer Zahlungspflicht befreit, weil der Kläger die vom Hersteller vorgesehene 90.000-km-Inspektion nicht hat durchführen lassen; denn die von der Beklagten verwendete Inspek­ti­o­ns­klausel ist wegen unangemessener Benachteiligung der Garantienehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Dem Käufer/Garantienehmer ist es in vielen Fällen nicht zumutbar, das gekaufte Fahrzeug in der Werkstatt des Verkäufers warten zu lassen. Dem trägt die Klausel nicht angemessen Rechnung, weil sie dem Käufer insoweit lediglich die Möglichkeit einräumt, die Inspektion nach vorheriger Genehmigung ("Freigabe") des Verkäufers in einer anderen Werkstatt durchführen zu lassen, ohne dass hierfür ein Bedürfnis auf Seiten des Verkäufers/Garantiegebers ersichtlich ist.

Klausel zur Vorlage von Repara­tur­rech­nungen benachteiligt unangemessen

Gleichfalls nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist § 6 der Garan­tie­be­din­gungen in der von der Beklagten bevorzugten – kunden­feind­lichsten – Auslegung, dass der Verkäufer/Garantiegeber zu Leistungen aus der Garantie erst nach Vorlage der Repara­tur­rechnung verpflichtet ist. Durch eine in diesem Sinne verstandene Klausel würde der Käufer/Garantienehmer in mehrfacher Hinsicht unangemessen benachteiligt. Zum einen müsste er die Reparatur vorfinanzieren und könnte deshalb, soweit er dazu nicht in der Lage ist, von der Beklagten überhaupt keinen Ersatz erlangen. Ferner müsste der Käufer/Garantienehmer, um die Garan­tie­leistung zu erhalten, unter Umständen eine Reparatur durchführen, die unwirt­schaftlich ist, weil die Reparaturkosten den Höchstbetrag der Koste­n­er­stattung gemäß § 5 der Garan­tie­be­din­gungen (hier: 1.000 €) oder sogar den Wert des Fahrzeugs deutlich übersteigen. Die in den Garan­tie­be­din­gungen versprochene Funkti­o­ns­ga­rantie für bestimmte Fahrzeugteile würde damit für den Käufer unter Umständen weitgehend wertlos.

Quelle: ra-online, BGH

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