18.10.2024
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Bundesgerichtshof Urteil06.07.2011

Kosten­pflichtige Kfz-Herstell­er­ga­rantie darf Garantiefall nicht wegen unterlassener Wartung ausschließenBGH zur Herstell­er­ga­rantie beim Kfz-Kauf

Eine kosten­pflichtige Kfz-Herstell­er­ga­rantie darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Garantiefall auf eine unterlassene Wartung zurückzuführen ist. Eine Klausel, die eine Garan­tie­leistung bei Überschreitung des Wartungs­in­tervalls ausschließt, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und ist unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall erwarb der Kläger im Februar 2005 einen am 30. Juni 2004 erstmals zugelassen Vorführwagen PKW Saab 9.5. Er nimmt die beklagte Fahrzeug­her­stellerin aus einer ihm bei Erwerb des Fahrzeugs ausgehändigten Urkunde über eine "Saab-Protection"-Garantie in Anspruch. In den formularmäßig gestalteten Garan­tie­be­din­gungen heißt es unter anderem:

Erläuterungen
"

2. Allgemeines

Saab garantiert bei Material- oder Herstel­lungs­fehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über. ...

4. Garantie-Dauer

Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstell­er­ga­rantie. ...

6. Garan­tie­vor­aus­set­zungen

Garan­tie­ansprüche können nur bei einem Saab-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:

- Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem Saab-Vertragshändler unter ausschließ­licher Verwendung von Saab Originalteilen gewartet worden sein.

- Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.

Das Nachweis­do­kument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen."

Beklagte verneint wegen nicht rechtzeitig durchgeführter Inspektion, ihre Eintritts­pflicht

In dem Serviceheft ist bestimmt, dass das Fahrzeug jährlich oder nach einer Fahrleistung von jeweils 20.000 km einer Wartung zu unterziehen ist. Am 27. Dezember 2006 trat bei einem Kilometerstand von 69.580 km ein Defekt an der Diese­lein­spritzpumpe auf, für dessen Reparatur dem Kläger vom Saab-Zentrum 3.138,23 Euro in Rechnung gestellt wurden. Anlässlich der Reparatur ließ der Kläger auch die zuvor unterbliebene 60.000-km-Inspektion nachholen. Ob die verspätet durchgeführte Inspektion für den eingetretenen Defekt ursächlich war, ist streitig. Die Beklagte hat, gestützt auf die nicht rechtzeitig durchgeführte Inspektion, ihre Eintritts­pflicht verneint.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat die auf die Freistellung von den Reparaturkosten gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

BGH weist auf mögliche unangemessene Benachteiligung des Kunden durch Garantieklausel hin

Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass bei einer Kfz-Herstell­er­ga­rantie, die im Zeitpunkt der Übernahme nur gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist, die Garan­tie­leistung von der Durchführung von regelmäßigen Wartungs­a­r­beiten in Vertrags­werk­stätten nicht ohne Rücksicht darauf abhängig gemacht werden darf, ob der Garantiefall auf eine unterlassene Wartung zurückzuführen ist. Besteht die Gegenleistung für die Garantie in dem dafür entrichteten Entgelt, so stellt sich eine Klausel, die die Erbringung von Garan­tie­leis­tungen von einer Wahrung bestimmter Wartungs­an­for­de­rungen unabhängig davon abhängig macht, ob die Überschreitung des Wartungs­in­tervalls für den eingetretenen Garantiefall ursächlich ist, als unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unwirksam.

Rückweisung der Sache an das Berufungs­gericht

Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen worden, weil es noch weiterer Feststellungen zu der Frage bedarf, ob die Garantie vorliegend gegen Zahlung eines Entgelts gewährt wurde.

*§ 307 BGB: Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. (…)

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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