18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 18321

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Urteil04.06.2014BundesgerichtshofVIII ZR 289/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2014, 2566Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 2566
  • NJW-Spezial 2014, 579 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 579, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Neuenahr-Ahrweiler, Urteil24.04.2013, 32 C 666/12
  • Landgericht Koblenz, Urteil19.09.2013, 14 S 57/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil04.06.2014

Fristlose Kündigung durch Vermieter im Anschluss an einen Streit mit dem Mieter unwirksamVermieter verletzt mit Besichtigung von Räumen ohne Zustimmung das Hausrecht des Mieters

Besichtigt ein Vermieter bei einer Wohnungs­be­gehung eigenmächtig weitere Räume als die verabredeten, verletzt er damit das Hausrecht des Mieters. Kommt der Vermieter darüber hinaus der Aufforderung des Mieters, die Wohnung zu verlassen, nicht nach, so dass der Mieter den Vermieter aus der Wohnung hinausträgt, stellt dies keine ungerecht­fertigte Handlung dar, die eine Kündigung seitens des Vermieters rechtfertigt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Der Beklagte ist seit Juli 2006 Mieter eines Hauses der Klägerin. Am 16. August 2012 suchte die Klägerin den Beklagten verein­ba­rungsgemäß auf, um zwischen­zeitlich installierte Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Klägerin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Beklagten auch Zimmer zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Beklagten, das Haus zu verlassen, kam die Klägerin nicht nach. Daraufhin umfasste der Beklagte die Klägerin mit den Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalls erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2012 die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietver­hält­nisses.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Die von der Klägerin erhobene Räumungsklage ist vor dem Amtsgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsge­richtliche Urteil aufgehoben und dem Räumungsantrag stattgegeben.

Vom Vermieter erklärte Kündigung war weder als fristlose Kündigung noch als ordentliche Kündigung wirksam

Die vom Bundes­ge­richtshof zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg und führte zur Wieder­her­stellung des erstin­sta­nz­lichen Urteils. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die von der Klägerin erklärte Kündigung weder als fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 1 BGB*) noch als ordentliche Kündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB*) wirksam ist. Die Parteien hatten verabredet, dass die Klägerin (lediglich) die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Klägerin nicht berechtigt. Indem sie dies gleichwohl - gegen den Willen des Beklagten - durchzusetzen versuchte und seiner Aufforderung, das Haus zu verlassen, nicht nachkam, hat sie das Hausrecht des Beklagten verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen, die das Berufungs­gericht bei seiner Abwägung rechts­feh­lerhaft nicht berücksichtigt hat. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten waren, hat der Senat unter Aufhebung des Berufungs­urteils in der Sache selbst entschieden und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.

Verhalten des Mieters macht Fortsetzung des Mietver­hält­nisses nicht unzumutbar

Angesichts der Gesamtumstände, insbesondere des vorangegangenen pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin, stellt das mit der Kündigung beanstandete Verhalten des Beklagten - selbst wenn er damit, wie das Berufungs­gericht angenommen hat, die Grenzen erlaubter Notwehr (geringfügig) überschritten haben sollte - jedenfalls keine derart gravierende Pflicht­ver­letzung dar, dass der Klägerin deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnis nicht zugemutet werden könnte (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch von einer Vertrags­ver­letzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.

* § 543 BGB Außer­or­dentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

Erläuterungen
(1) Jede Partei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertrags­parteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietver­hält­nisses nicht zugemutet werden kann.

[...]

§ 573 BGB Ordentliche Kündigung des Vermieters

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietver­hält­nisses hat. [...]

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietver­hält­nisses liegt insbesondere vor, wenn

1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat [...].

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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