Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Verbraucherverein gegen den Betreiber einer Einzelhandelsmarktkette. Im Eingangsbereich gab es eine Hinweistafel mit folgendem Text:
"Information und Taschenannahme
Sehr geehrte Kunden!
Wir bitten Sie höflich, Ihre Taschen hier an der Information vor dem Betreten des Marktes abzugeben, anderenfalls weisen wir Sie höflichst darauf hin, daß wir an den Kassen gegebenenfalls Taschenkontrollen durchführen müssen."
Der Verbraucherverein verlangte von der Beklagten, dass diese diesen Hinweis nicht weiter verwende. Sie ist der Ansicht, dass der Hinweis als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei.
Der Bundesgerichtshof folgte dieser Ansicht. Der erste Teil "wir bitten Sie höflich .." sei isoliert betrachtet nur eine unverbindliche Bitte um Abgabe der Taschen. Der zweite Teil jedoch "anderenfalls weisen wir Sie höflichst darauf hin, daß wir an den Kassen gegebenenfalls Taschenkontrollen durchführen müssen", sei als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle unterworfen.
Die Klausel halte einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Sie weiche nämlich von dem wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes ab, nach der Taschenkontrollen nur gefordert werden dürften, wenn ein konkreter Verdacht vorliege.
Durchsuchungsmaßnahmen im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens setzten stets den Verdacht einer strafbaren Handlung voraus. Ohne einen solchen Verdacht sei die mit einer Durchsuchung verbundene polizeiliche Kontrolle unzulässig. Die Anwendung privater Gewalt sei lediglich zur Sicherung oder Durchsetzung eines bestehenden Anspruchs und unter der Voraussetzung rechtmäßig, dass die konkrete Gefahr einer Erschwerung oder Vereitelung der Durchsetzung des Anspruchs drohe (§ 229 BGB) oder verbotene Eigenmacht vorliege (§ 859 BGB).
Durch die Abweichung von der gesetzlichen Regelung entgegen den geboten von Treu und Glauben werden die Kunden unangemessen benachteiligt. Körperliche und sonstige Durchsuchungen wie die Kontrolle mitgeführter Taschen stellten in aller Regel erhebliche Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht dar. Solche Eingriffe seien nicht durch überwiegende Interessen der Beklagten gerechtfertigt, führte der Bundesgerichtshof aus.
Auch wenn die Beklagte geltend macht, dass ohne Taschenkontrollen ein Schutz vor Ladendiebstahl durch einen wirtschaftlich vertretbaren Personalaufwand oder mit technischen Hilfsmitteln nicht sichergestellt werden könne, wiege das Interesse des einzelnen Kunden an dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts auch bei Berücksichtigung eines eventuellen Interesses aller Kunden an einer günstigen Preisgestaltung stärker als das Interesse der Beklagten an einem Schutz ihres Eigentums.
§ 9 AGBG ist am 1.1.2002 außer Kraft getreten. Seither findet sich die Regelung in § 307 BGB.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.06.2008
Quelle: ra-online.